1. Was ist eine knorpelähnliche Oberflächenersatzprothese?
  2. Grenzen der Cheilektomie bei Hallux rigidus
  3. Grenzen der Arthrodese bei Hallux rigidus
  4. Wann sollte ein Knorpelersatz am Großzehengrundgelenk operiert werden?
  5. Eigenschaften der elastischen Hemiprothese am Großzehengrundgelenk
  6. Wie wird eine Hemiprothese am Großzehengrundgelenk operiert?
  7. Nachbehandlung der Hemiprothese
Knorpelersatzimplantat der Großzehe Elastischer Knorpelersatz zur Versorgung des Hallux rigidus. © CARTIVA Inc.

Hallux rigidus ist die Arthrose des Großzehengrundgelenks. Diese Arthrose führt zu stechenden Schmerzen beim normalen Abrollen des Fußes über die Großzehe. Der Schmerz bewirkt beim Gehen eine Ausweichbewegung und damit ein verändertes Gangbildes: Der Abrollvorgang erfolgt bei Hallux rigidus eher unter Belastung der kleineren Zehen, die dadurch überlastet werden und ebenfalls schmerzen. Die Überlastung der kleinen Zehen führt zu zahlreichen Folgeerkrankungen, u. a. Schleimbeutelentzündung zwischen den Fußwurzelknochen (intermetatarsale Bursitis) oder Ermüdungsbrüche.

Es ist deshalb sehr wichtig, die Großzehengrundgelenksarthrose möglichst frühzeitig zu behandeln, um wieder ein normales Gangbild herzustellen. Für die operative Therapie des Hallux rigidus gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Gelenkerhaltende Cheilektomie
  • Versteifung (Arthrodese) der Großzehe
  • Die beweglichkeitserhaltende Endoprothese
  • Die elastische, beweglichkeitserhaltende Oberflächenersatzprothese

Als alternative, beweglichkeitserhaltende Versorgung stellen wir an dieser Stelle den Oberflächenersatz des Großzehengelenks mit einem elastischen, knorpelähnlichen Material (CARTIVA®) vor, mit der die Spezialisten der Gelenk-Klinik bei Hallux rigidus eine neue Qualität der beweglichen Versorgung erzielen konnten.

Fuß mit CARTIVA®-Teilprothese Die CARTIVA®-Teilprothese besteht aus einem elastischen, wasserbindenden Kunststoff mit knorpelähnlichen Eigenschaften. Das elastische Implantat wird im Knochen des 1. Zehenstrahls (Großzehe) verankert. Der 1. Zehenknochen mit der Gelenkpfanne als Gelenkpartner bleibt unverändert. © CARTIVA Inc.

Was ist eine knorpelähnliche Oberflächenersatzprothese?

Inzwischen arbeiten wir mit einer haltbaren und stabilen Alternative für die Prothesenversorgung des Großzehengrundgelenks: der sogenannten Hemiprothese oder Oberflächenersatzprothese. Bei einem Oberflächenersatz wird nur ein Gelenkpartner im Großzehengrundgelenk - der Metatarsalknochen - durch den elastischen Oberflächenersatz bedeckt. Die natürliche Gelenkpfanne des Großzehengrundgelenks bleibt unverändert erhalten. Damit ist die Hemiprothese ein sehr knochensparendes operatives Verfahren.

CARTIVA-Implantat Das elastische CARTIVA Implantat aus knorpelähnlichem Polyvinylalkohol hat die bewegliche Versorgung des Hallux rigidus stark verbessert: Das gummibärchengroße Implantat ist haltbarer als alle bisherigen Großzehengelenksprothesen und erlaubt eine bewegliche Versorgung des endgradigen Hallux rigidus. © CARTIVA Inc.

Grenzen der Cheilektomie bei Hallux rigidus

Durch die gelenkerhaltende Cheilektomie wird das Gelenk gesäubert und die Knochenanbauten (Osteophyten) an den Gelenkrändern enfernt. Dadurch bleibt das Großzehengrundgelenk erhalten, die Arthrose kann gestoppt oder zumindest verlangsamt werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Cheilektomie ist die rechtzeitige Indikationsstellung und der frühzeitige Einsatz dieser gelenkerhaltenden, minimalinvasiven Operation.

Grenzen der Arthrodese bei Hallux rigidus

Ist ein Gelenkerhalt nicht mehr möglich, können die Schmerzen im Großzehengrundgelenk durch eine Versteifungsoperation sehr erfolgreich therapiert werden. Die Arthrodese ist der Goldstandard der operativen Versorgung bei endgradigem Hallux rigidus.

Für einige Patienten wie beispielsweise Laufsportler gibt es Gründe, die durch Versteifung erzwungene Fixierung des Großzehengrundgelenks in einer festgelegten Position abzulehnen. In diesen Fällen wird eine bewegliche Versorgung bevorzugt.

Totalendoprothese des Hallux rigidus mit schlechter Haltbarkeit

Seit einigen Jahren haben wir die Möglichkeit, durch eine Vollprothese des Großzehengrundgelenks einen beweglichen Gelenkersatz durchzuführen. Leider ist die Totalendoprothese des Großzehengrundgelenks nicht ausreichend haltbar und weist mit 35% in zwei Jahren eine nicht zu tolerierende Lockerungsrate auf.

Wann sollte ein Knorpelersatz am Großzehengrundgelenk operiert werden?

Eine Großzehengrundgelenks-Hemiprothese kann eingesetzt werden, wenn eine endgradige Arthrose am Großzehengrundgelenk besteht. Klinisch wird diese Erkrankung vorerst durch einen eingeschränkten Bewegungsumfang, Einsteifung und erschwertem Abrollen des Fußes sowie stechenden Belastungsscmerzen bei Bewegung der Großzehe deutlich.

Diese krankhafte Veränderung kann zu einer vollständigen, schmerzhafte Versteifung des Großzehengrundgelenks führen, die häufig von Entzündungszeichen wie Schwellung und Rötung des darüber liegenden Gewebebereichs begleitet wird.

Dieses letzte Stadium des Gelenksverschleißes im Großzehengrundgelenk macht das Gehen längerer Strecken für die Betroffenen unmöglich.

Das Einsetzen einer Hemiprothese hat das Ziel, eine elastische Pufferung der Gelenkpartner im Großzehengrundgelenk wiederherzustellen. Die Patienten werden zuverlässig und langfristig schmerzfrei und erhalten die Beweglichkeit im Großzehengrundgelenk zurück.

Graph: Abnahme der Schmerzen mit Implantat Schmerzkurve über ein Patientenkollektiv von 130 Patienten nach Oberflächenersatzversorgung bei Hallux rigidus über fünf Jahre: Die mit Gehen oder Joggen in normalen Schuhen verbundenen Schmerzen gehen nach der Versorgung mit knorpelähnlichem Oberflächenersatz fast vollständig zurück. Die normale Zehenfunktion sowie das Abrollverhalten des Fußes werden vollständig wiederhergestellt. Die schädlichen Ausweichbewegungen durch Abrollen über die Fußaußenkante, die Patienten mit Hallux rigidus typischerweise ausführen, sind nicht mehr nötig. Die Schmerzreduktion ist in Ausmaß und Zuverlässigkeit mit der Arthrodese vergleichbar. © CARTIVA inc.

Eigenschaften der elastischen Hemiprothese am Großzehengrundgelenk

Die Hemiprothese unterscheidet sich deutlich vom vollständigen Gelenkersatz des Großzehengrundgelenks (Totalendoprothese). Nur eine der beiden Gelenkflächen wird mit einer Prothese versorgt. An der gegenüberliegenden Gelenkfläche mit der Gelenkpfanne am Zehenknochen wird kein Implantat gesetzt. Die Oberflächenersatzprothese verbindet sich direkt gelenkig mit der natürlich vorhandenen knöchernen Gelenkpfanne. Im Gegensatz zur Versteifung des Gelenks kann die Bewegungsfreiheit im Gelenk komplett erhalten oder wiederhergestellt werden.

Funktionsskala nach einer Versorgung mit Oberflächenersatzendoprothese Entwicklung der Zehenbeweglichkeit nach Operation mit CARTIVA®: Beweglichkeitsskala über ein Patientenkollektiv von 130 Patienten 5 Jahre nach Oberflächenersatzversorgung eines endgradigen Hallux rigidus: Die mit dem Gehen oder Laufen in normalen Schuhen verbundenen Bewegungseinschränkungen des Fußes gehen nach der Versorgung mit Oberflächenersatz aus wasserbindendem, knorpelähnlichem Kunststoff kontinuierlich zurück. Die Beweglichklkeit der Großzehe ist auch 5 Jahre nach der Operation in allen Lebenssituationen gegeben. Damit hat die elastische Hemiprothese viel bessere Ergebnisse wie die Totalendoprothese. Die Beweglichkeit ist sehr viel besser als nach Versorgung mit Arthrodese. © CARTIVA inc.

Welche Untersuchungen gehen einer Operation voraus?

Um feststellen zu können, ob für einen Patienten eine Hemiprothese für den Hallux rigidus geeignet ist, wird eine klinische und radiologische Untersuchung durchgeführt. Wenn Schmerzbeschwerden bestehen, erfolgt eine Abschätzung des Arthrosegrades. Wenn eine Arthrose als Ursache für die Beschwerden festgestellt wird, darf diese ein gewisses Stadium nicht überschreiten, um sie mit einer Hemiprothese versorgen zu können. Eine sehr fortgeschrittene Arthrose mit Zerstörung an beiden Gelenkflächen stellt eher eine Indikation für eine Totalendoprothese oder eine Versteifung des Gelenks dar.

Für wen ist eine Hemiprothese am Großzehengrundgelenk besonders geeignet?

Der Hallux rigidus kann in allen Altersklassen vorkommen, ist jedoch um so häufiger, je älter die Patienten werden. Als Krankheitsursache wird eine gewisse genetische Prädisposition im Zusammenhang mit Überbelastung des Gelenks angenommen.

Mikrotraumata des Gelenks z. B. durch kräftiges Anstoßen, die vorerst unentdeckt bleiben, können ebenfalls eine Arthroseursache sein. Der Hallux rigidus macht sich erst zu einem späteren Zeitpunkt mit Schmerzen und Gehbehinderung bemerkbar. Häufig treten ganz ähnliche Beschwerden der Großzehe auch im Rahmen der Gicht auf.

Insbesondere, wenn eine bewegliche Versorgung der Großzehe bei Hallux rigidus gewünscht wird, ist die Hemiprothese mit CARTIVA®aktuell die am besten geeignete Therapieoption.

Für wen ist eine Hemiprothese am Großzehengrundgelenk nicht geeignet?

  • Bei einer weit fortgeschrittenen Arthrose im Großzehengrundgelenk mit Zerstörung der Gelenkfläche und Zystenbildung kann die Versorgung durch eine Hemiprothese evtl. erschwert sein. Es kann aber ein Grund dafür sein, dass der behandelnde Arzt zu einer Totalendoprothese (TEP) rät.
  • Auch bei Beschwerden, die auf Fehlstellungen des Fußes zurückgehen (z. B. Hallux valgus), ist eine Hemiprothese nicht optimal: Zuerst sollte durch eine Osteotomie die Schiefzehe begradigt werden, dann besteht die Möglichkeit der sicheren Anwendung der CARTIVA® Oberflächenersatzprothese.
  • Die Haut im Operationsgebiet sollte intakt und frei verschiebbar sein. Infektionen und Wundheilungsstörungen beeinträchtigen die Heilung nach einer Vorfußoperation.
  • Auch ein schlecht eingestellter Diabetes ist ungünstig für die Hemiprothese bei Hallux rigidus.
  • Für die Implantation des Oberflächenersatzes sollte der Knochen stabil und von guter Knochendichte sein. Eine Osteoporose ist daher eine relative Kontraindikation und erschwert die bewegliche Versorgung des Hallux rigidus.
  • Ein Knick-Senkfuß mit Fersenstellung nach außen erhöht die Last auf dem Großzehengelenk. Daher sollte ein Knick-Senkfuß ebenfalls korrigiert werden, um gute Voraussetzungen für die bewegliche Versorgung des Hallux rigidus zu schaffen.
  • Eine Arthrose des Fußwurzelgelenks des 1. Zehenstrahls kann ebenfalls die bewegliche Versorgung des Großzehengelenks beeinträchtigen.
  • Ebenso ist eine Fehlstellung des 1. Zehenstrahls ungünstig und bringt zusätzliche Last auf das Großzehengrundgelenk. Eine operative Umstellung kann in diesen Fällen die Lebensdauer der Oberfächenersatzprothese bei Hallux rigidus erhöhen.

Wie wird eine Hemiprothese am Großzehengrundgelenk operiert?

Elastischer Knorpelersatz aus wasserbindendem Polyvinylalkohol (PVA) wird im 1. Zehenstrahl verankert. Die elastische Oberflächenersatzprothese wird in der Gelenkfläche des 1. Zehenstrahls verankert. Zuvor wird das Gelenk durch eine Cheilektomie von überstehenden Knochenspornen gereinigt. Die Gelenkzerstörung durch Arthrose darf noch nicht zu weit vorangeschritten sein, sonst ist die sichere Verankerung erschwert. Das runde, etwa 1-1,5mm überstehende Ende der CARTIVA Hemiprothese stabilisiert das bewegliche Gelenk durch Einpassung in die Gelenkpfanne im 1. Zehenknochen. © CARTIVA Inc.

Die Operation beginnt mit der Öffnung des Gelenks durch einen etwa 3 cm langen Schnitt auf der Oberseite der Großzehe. Anschließend werden alle Knochenauswüchse (Osteophyten) am basalen Gelenkteil entfernt (Cheilektomie). Durch leichten Zug an der Großzehe, kann der Gelenkspalt dargestellt und zur Behandlung freigelegt werden.

In das Grundglied der Großzehe wird eine Vertiefung zur Verankerung der Oberflächenersatzprothese angebracht. Am gekürzten, knöchernen Ende des Grundglieds wird die optimale Größe der Hemiprothese bestimmt und mit dem Pressfitverfahren befestigt. Nach Überprüfung des Bewegungsumfangs der Prothese wird der Schnitt mit einer Naht verschlossen.

Das Einbringen der Hemiprothese erfolgt komplett zementfrei und schraubenfrei. Außerdem ist durch das knochenschonende Operationsverfahren immer ein Rückzug auf andere Eingriffe wie zum Beispiel einer Totalendoprothese oder eine Versteifung möglich.

Vorteil der knochensparenden Hemiprothese am Großzehengrundgelenk: Erhalt der Beweglichkeit

Die Besonderheit einer Hemiprothese besteht darin, dass am basalen Gelenkteil - dem Mittelfußknochen - lediglich eine Cheilektomie durchgeführt und keine Prothese eingebracht wird. Im Gegensatz dazu sind alternative Eingriffe wie etwa eine TEP oder auch die Versteifung immer mit einer Resektion des Mittelfußköpfchens verbunden und daher nicht knochensparend durchführbar.

Nachbehandlung der Hemiprothese am Großzehengrundgelenk

Postoperativ wird der operierte Fuß hoch gelagert und gekühlt. Der Patient beginnt schon ab dem zweiten Tag nach der Operation mit der Bewegung des Gelenks. Eine ausreichende Schmerztherapie ist hierbei von zentraler Bedeutung. Nach der Operation muss kein Spezialschuh getragen werden. Nach dem Fädenziehen ist der Vorfuß voll belastbar. Die Einnahme antiphlogistischer Medikamente für einen Zeitraum von bis zu vier Wochen nach der Operation wird empfohlen.

Literaturangaben
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