1. Muskelzerrung: Was ist das?
  2. Ursachen: Warum kommt es zu einer Muskelzerrung?
  3. Symptome: Wie macht sich eine Muskelzerrung bemerkbar?
  4. Wo tritt die Muskelzerrung am häufigsten auf?
  5. Behandlung: Was tun bei Muskelzerrung?
  6. Häufige Patientenfragen zur Muskelzerrung an PD Dr. Bastian Marquaß von der Gelenk-Klinik
Muskelzerrung am hinteren Oberschenkel Die Muskelzerrung betrifft häufig die Muskulatur am Oberschenkel, vor allem die an der Rückseite gelegene ischiocrurale Muskulatur. © Davizro Photography, Adobe

Eine Muskelzerrung ist eine häufige Verletzung, die fast jeder einmal erlebt – sei es beim Sport, im Alltag oder durch eine unbedachte Bewegung. Dabei überdehnen die Muskelfasern, was zu Schmerzen, Spannungsgefühlen und eingeschränkter Beweglichkeit führen kann. Muskelzerrungen entstehen oft plötzlich und können sehr unangenehm sein, doch zum Glück sind sie meist gut therapierbar und heilen in den meisten Fällen von selbst wieder aus. Bewährte Methoden zur Behandlung von Muskelzerrungen sind Maßnahmen wie Kälte-, Physio- oder Elektrotherapie.

Muskelzerrung: Was ist das?

Schweregrade von Muskelverletzungen:

  • Grad 1: Muskelverhärtung
  • Grad 2: Muskelzerrung
  • Grad 3: Muskelfaserriss/ Muskelbündelriss
  • Grad 4: Muskelriss

Muskelverletzungen machen im Sport etwa 35 % aller Verletzungen aus. Bei einer Muskelzerrung werden die Muskelfasern durch eine plötzliche Überdehnung belastet, ohne dabei zu reißen. Es handelt sich also um eine Störung der Muskelspannung, die durch die Zerrung erhöht ist. Dabei kommt es zu einer Flüssigkeitsansammlung (Ödem) im Muskel, wovon häufig der Muskelbauch betroffen ist.

Diese Art von Muskelverletzung tritt oft bei schnellen, abrupten Bewegungen oder hoher körperlicher Belastung auf, etwa beim Sport oder bei ungewohnten körperlichen Aktivitäten. Dies führt zu einer vorübergehenden Funktionsstörung des Muskels, begleitet von Schmerzen und Spannungsgefühlen. Im Gegensatz zu einem Muskelfaserriss, bei dem die Fasern teilweise oder ganz reißen, bleibt die Struktur des Muskels bei einer Zerrung intakt.

In der Regel heilen Muskelzerrungen nach einigen Tagen bis Wochen von selbst, sofern der Muskel ausreichend geschont wird.

Muskelverletzungen im Vergleich Im Vergleich zum Muskelfaser- oder Muskelbündelriss geht die Muskelzerrung ohne Kontinuitätsunterbrechung des Muskels einher. © Sebastian Kaulitzki, Adobe

Ursachen: Warum kommt es zu einer Muskelzerrung?

Eine Muskelzerrung entsteht durch eine Überdehnung der Muskelfasern, ohne dass diese reißen. Die häufigste Ursache ist eine plötzliche oder ungewohnte Bewegung, etwa beim Sprinten, Springen oder bei abrupten Richtungswechseln, insbesondere wenn der Muskel nicht ausreichend aufgewärmt wurde. Eine unzureichende Aufwärmphase kann die Muskulatur steif und weniger elastisch machen, wodurch sie anfälliger für Verletzungen wird.

Auch eine Überbelastung oder eine zu schnelle Steigerung der Trainingsintensität können zu einer Zerrung führen. Muskuläre Dysbalancen, bei denen einige Muskelgruppen stärker oder schwächer sind als andere, erhöhen ebenfalls das Risiko, da der Körper die Belastung ungleichmäßig verteilt. Eine weitere Ursache ist die Ermüdung der Muskulatur, da erschöpfte Muskeln langsamer auf Belastungen reagieren und ihre Schutzfunktion verringert ist. Zusätzlich können äußere Einflüsse wie kalte Temperaturen die Muskeln versteifen und anfälliger für Verletzungen machen. Eine falsche Technik beim Sport oder ein unzureichendes Zusammenspiel von Muskeln und Gelenken sind ebenfalls häufige Auslöser.

Sprinter beim Wettkampf Die plötzlichen Bewegungen beim Sprinten können eine Muskelzerrung begünstigen. © sports photos, Adobe

Symptome: Wie macht sich eine Muskelzerrung bemerkbar?

Die Symptome einer Muskelzerrung entwickeln sich oft schleichend: Ein plötzliches, unangenehmes Gefühl der Anspannung oder ein Ziehen im Muskel sind erste Anzeichen. Die Beschwerden betreffen dabei nur einen begrenzten Muskelabschnitt. Der verletzte Muskelbereich fühlt sich häufig verhärtet oder empfindlich an und Bewegungen sind schmerzhaft oder eingeschränkt. Im Gegensatz zu anderen Muskelverletzungen wie einem Muskelriss ist bei einer Zerrung normalerweise kein Geräusch wie ein Knacken oder Reißen zu hören. Oftmals ist es anfangs sogar möglich, dass der Betroffene sich weiter sportlich betätigt. Bei hoher Belastung nimmt der Schmerz aber rasch zu.

Wo tritt die Muskelzerrung am häufigsten auf?

Etwa 92 % aller Muskelverletzungen betreffen die untere Extremität. Besonders häufig treten Muskelverletzungen im Bereich der Oberschenkelrückseite und der Adduktoren auf. Aber auch der Quadrizeps oberhalb des Knies und die Wadenmuskulatur zählen zu den gefährdeten Bereichen. Obwohl Muskelzerrungen der oberen Extremität wie Oberarm oder Schulter seltener vorkommen, können sie grundsätzlich in allen Muskelgruppen des Körpers auftreten – auch in Regionen wie dem Rücken, am Hals, am Bauch oder an den Rippen.

Muskelzerrung am Oberschenkel

Eine Muskelzerrung am Oberschenkel tritt häufig in der hinteren oder inneren Muskulatur auf. Betroffen sind die ischiocruralen Muskeln (Hamstrings) oder die Adduktoren. Diese Verletzung entsteht meist durch plötzliche Bewegungen wie schnelle Sprints, abrupte Richtungswechsel oder eine Überbelastung. Typische Symptome sind Schmerzen in der verletzten Region, die sich bei Bewegung verstärken, eine spürbare Verspannung des Muskels und gelegentlich Schwellungen.

Nach der Akutphase kann Taping eine hilfreiche unterstützende Maßnahme sein. Es stabilisiert die Muskulatur, reduziert die Belastung und fördert die Durchblutung, was die Heilung begünstigen kann. In Kombination mit Schonung und physiotherapeutischen Maßnahmen unterstützt das Tapen die Rückkehr zur vollen Leistungsfähigkeit.

Muskelzerrung in der Wade

Eine Muskelzerrung in der Wade betrifft meist den Musculus gastrocnemius oder den tiefer liegenden Musculus soleus. Diese Verletzung entsteht oft durch plötzliche Belastungen wie z. B. beim Sprinten oder beim abrupten Abstoppen, aber auch durch Überbelastung oder unzureichendes Aufwärmen. Typische Symptome sind ein ziehender Schmerz in der Wade, der bei Belastung zunimmt, sowie eine spürbare Verhärtung der Muskulatur. In manchen Fällen kann es zu Schwellungen oder eingeschränkter Beweglichkeit kommen. In der Akutphase lindert Kühlung die Beschwerden. Zudem sollte das betroffene Bein geschont werden. Das Tapen der Wade kann die Heilung unterstützen, indem es die Muskulatur entlastet, die Durchblutung fördert und die Bewegungen stabilisiert. Zusätzlich hilft gezielte Physiotherapie, die Flexibilität und Stärke der Wade wiederherzustellen.

Muskelzerrung am Oberarm und an der Schulter

Auch an Oberarm oder Schulter können Zerrungen auftreten. Dies passiert häufig bei Sportarten oder Aktivitäten, die schnelle, kraftvolle Bewegungen oder Überkopfbelastungen erfordern, wie Tennis, Volleyball oder Gewichtheben. Am Oberarm sind häufig der Bizeps oder Trizeps betroffen, während an der Schulter vor allem die Muskeln der Rotatorenmanschette anfällig für Zerrungen sind.

Muskelzerrung am Rücken, am Bauch und an der Brust

Im unteren Rücken kann man sich leicht die tiefen Rückenmuskeln zerren, die durch schwere Hebebewegungen oder falsche Haltung überlastet werden können. Im Bereich des Bauchs treten Zerrungen meist in der geraden oder schrägen Bauchmuskulatur auf, häufig verursacht durch Drehbewegungen, intensives Training oder auch bei starkem Husten.

An der Brust können die Interkostalmuskeln, also die Muskeln zwischen den Rippen, betroffen sein. Diese Zerrungen entstehen oft durch plötzliche Überdehnung oder durch anhaltenden, starken Husten, der die Muskulatur stark beansprucht. Typische Symptome sind ziehende Schmerzen, die sich bei Bewegung oder tiefem Einatmen verschlimmern können.

Muskelzerrung am Hals oder Nacken

Am Hals und Nacken treten Muskelzerrungen vor allem an den seitlichen Nackenmuskeln wie dem Musculus sternocleidomastoideus sowie an den Muskeln im vorderen Halsbereich auf. Eine häufige Ursache ist eine ungewohnte oder ruckartige Bewegung. Aber auch anhaltender, starker Husten kann die Halsmuskulatur überbeanspruchen und zu einer Zerrung führen. Typische Symptome sind Schmerzen und Verspannungen im seitlichen oder vorderen Halsbereich, die sich bei Bewegung, Husten oder Drehen des Kopfes verstärken können. Zur Behandlung eignen sich Ruhe, Wärmeanwendungen und leichte Dehnübungen, um die Muskulatur zu entspannen.

Behandlung: Was tun bei Muskelzerrung?

Die ersten Maßnahmen nach einer Muskelzerrung orientieren sich an der PECH-Regel.

  • Pause: Sie sollten den betroffenen Muskel nicht mehr belasten, damit sich die Verletzung nicht verschlimmert.
  • Eis: Kühlen wirkt schmerzlindernd, abschwellend und soll die Einblutung ins Gewebe verringern.
  • Compression: Legen Sie einen Kompressionsverband an, um eine Einblutung in das Gewebe und übermäßige Schwellung zu verhindern.
  • Hochlagern: Lagern Sie die verletzte Extremität hoch, um die Blutzufuhr zu reduzieren.

Diese Maßnahmen haben zum Ziel, Schmerzen und Schwellungen zu reduzieren. Begleitend können entzündungshemmende Schmerzmittel eingesetzt werden.

Nach der Akutphase einer Muskelzerrung in den ersten zwei Tagen steht die Förderung der Heilung und die Wiederherstellung der normalen Muskelfunktion im Mittelpunkt. Wärmebehandlungen wie warme Kompressen oder Bäder können die Durchblutung anregen und dadurch die Regeneration der Muskulatur unterstützen.

Physiotherapie spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in der Nachbehandlung: Leichte Dehnübungen helfen, die Muskulatur schrittweise wieder elastisch zu machen, während gezielte Kräftigungsübungen die Funktion und Stabilität des Muskels verbessern. Ergänzend können Massagen eingesetzt werden, um Verspannungen zu lösen und die Durchblutung zu fördern. Das Tapen oder die Verwendung von Bandagen bietet zusätzliche Stabilität und entlastet die betroffene Muskulatur. Dies kann die Rückkehr zu alltäglichen Aktivitäten oder sportlichen Belastungen unterstützen. Dabei ist es wichtig, die Muskulatur langsam und schrittweise wieder zu belasten, um eine erneute Verletzung zu vermeiden. Zur Prävention von weiteren Zerrungen sollten regelmäßiges Aufwärmen, gezieltes Dehnen und der Aufbau der Muskelkraft langfristig in den Alltag integriert werden.

Häufige Patientenfragen zur Muskelzerrung an PD Dr. Bastian Marquaß

Welcher Arzt hilft bei einer Muskelzerrung?

Bei einer Muskelzerrung kann ein Facharzt für Orthopädie oder ein Sportmediziner weiterhelfen. Diese Fachärzte sind auf Muskelverletzungen spezialisiert und können die Schwere der Zerrung einschätzen, eine geeignete Behandlung empfehlen und bei Bedarf Physiotherapie verordnen.

Wie lange dauert eine Muskelzerrung?

Die Heilungsdauer nach einer Muskelzerrung ist sehr unterschiedlich und hängt von der Schwere der Verletzung, der betroffenen Muskulatur und individuellen Heilungsprozessen ab. In der Regel dauert die Heilung einer leichten Zerrung etwa ein bis zwei Wochen. Schwere Fälle, die mit ausgeprägten Schmerzen und Verspannungen einhergehen, können vier bis sechs Wochen oder länger in Anspruch nehmen. Eine zu frühe Rückkehr zu intensiver Aktivität ohne vollständige Genesung begünstigt Rückfälle oder eine Verschlimmerung der Verletzung, wodurch sich die Heilung verzögern kann.

Muskelzerrung oder Muskelfaserriss?

Eine Muskelzerrung entsteht, wenn die Muskelfasern über ihre natürliche Dehnungsgrenze hinaus belastet werden, ohne dass es zu einem Riss kommt. Es treten meist ziehende Schmerzen auf, die sich bei Belastung verschlimmern.

Im Gegensatz dazu liegt ein Muskelfaserriss vor, wenn einzelne oder mehrere Muskelfasern aufgrund einer zu starken Belastung reißen. In schweren Fällen können größere Bereiche des Muskels verletzt sein. Es treten plötzliche, stechende Schmerzen auf, die oft von einem Bluterguss oder einer Schwellung begleitet werden. Beide Verletzungen können durch ungewohnte oder extreme Bewegungen entstehen.

Muskelzerrung oder Muskelkater?

Beim Muskelkater kommt es zu Mikroverletzungen der Muskeln, die durch intensive Belastung entstehen. Die typischen dumpfen Muskelschmerzen treten verzögert einige Stunden nach der Belastung auf und halten etwa zwei bis fünf Tage an.

Eine Muskelzerrung ist eine Überdehnung der Muskelfasern, bei der der Muskel über seine natürliche Dehnungsgrenze hinaus beansprucht wird. Im Gegensatz zum Muskelkater entsteht sie akut und während der Belastung. Die Heilung dauert je nach Schweregrad zwischen einer und sechs Wochen.

Wie lange muss man nach einer Muskelzerrung Pause machen?

Wir empfehlen, nach einer Muskelzerrung etwa 2 bis 6 Wochen Pause zu machen. Achten Sie darauf, dass bei der Bewegung keine Schmerzen auftreten und beginnen Sie mit leichten Belastungen. Die Muskelzerrung sollte komplett ausgeheilt sein, bevor Sie den Muskel wieder vollumfänglich belasten.

Welche Salbe hilft bei einer Muskelzerrung?

Unmittelbar nach einer Muskelzerrung sollte die Kühlung des betroffenen Bereichs im Vordergrund stehen. Verwenden Sie daher kühlende Gels oder Salben, z. B. mit Menthol. Präparate aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika wie z. B. Ibuprofen wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd. Achten Sie darauf, in der Akutphase keine durchblutungsfördernden Salben auf die Haut aufzutragen, da diese Schwellungen verstärken können. Dazu zählt beispielsweise auch die beliebte Pferdesalbe, die neben ihrer kühlenden Wirkung auch durchblutungsfördernde Inhaltsstoffe enthält.

Nach etwa zwei Tagen sind solche Salben aber erlaubt. Sie helfen dem Körper, den verletzten Muskel mit Sauerstoffen und Nährstoffen zu beliefern. Zudem entspannen durchblutungsfördernde, wärmende Salben die Muskulatur in der Heilungsphase.

Sollte man eine Muskelzerrung kühlen oder wärmen?

Eine Muskelzerrung sollte in den ersten 48 Stunden gekühlt werden, um Schmerzen, Schwellungen und Entzündungen zu reduzieren. Nach der Akutphase ist Wärme sinnvoll, da sie die Durchblutung fördert, Verspannungen löst und die Heilung unterstützt.

Hilft Massieren bei einer Muskelzerrung?

Massagen können bei einer Muskelzerrung hilfreich sein, jedoch erst nach der Akutphase. In den ersten 48 Stunden sollte der schmerzende Muskel geschont und gekühlt werden. Massagen können in dieser Phase die Schädigung der Muskelfasern verstärken. Sobald die akuten Schmerzen und Schwellungen nachlassen, können leichte Massagen die Durchblutung fördern, Verspannungen lösen und den Heilungsprozess unterstützen. Die Massage sollte sanft und ohne Druck erfolgen, um den Muskel nicht zusätzlich zu belasten.

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