- Was ist interventionelle Schmerztherapie?
- Facettengelenksdenervierung: Thermokoagulation unterbindet Schmerzweiterleitung
- ISG-Denervierung: Minimalinvasive Behandlung des ISG-Syndroms mit Thermokoagulation
- Infiltration der Wirbelsäule: Mit Injektionen an schmerzende Nervenwurzeln
- Kyphoplastie: Osteoporotische Wirbelkörper wieder stabilisieren
- PASHA-Katheter: Rückenschmerzen anhand von Elektromodulation bekämpfen
- RACZ-Katheter: Medikamentengemisch lindert Rückenschmerzen
- Nukleoplastie: Vorgefallenes Bandscheibengewebe per Katheter entfernen
Die interventionelle Schmerztherapie umfasst minimalinvasive Verfahren, die gezielt akute und chronische Rückenschmerzen beseitigen. Sie ist vor allem für Patienten geeignet, die trotz langjähriger konservativer und operativer Behandlung weiterhin unter chronischen Rückenschmerzen und Schmerzen in den Beinen leiden.
Die Ursachen für Rücken- und Beinschmerzen trotz Behandlung sind ebenso zahlreich wie komplex. Viele, oft unterschiedliche Faktoren greifen ineinander: Dazu gehören z. B. eine gestörte Schmerzverarbeitung und -weiterleitung auf zellulärer Ebene, biomechanische Störungen (z. B. Bandscheibenvorfall, Radikulopathien), degenerative Veränderungen (z. B. Facettengelenksarthrose, Spinalkanalstenose) oder Operationsfolgen (Narben, Verwachsungen). Die interventionelle Schmerztherapie kann chronische Rückenschmerzen lindern, wo andere Behandlungen versagt haben. Die Rückenspezialisten der Gelenk-Klinik bieten dafür verschiedene vielversprechende Verfahren an.
Was ist interventionelle Schmerztherapie?
Die interventionelle Schmerztherapie ist ein spezieller innovativer Bereich der Schmerztherapie, bei dem der Rückenspezialist chronische Schmerzen durch gezielte Eingriffe an betroffenen Geweben lindert. Dies geschieht über Injektionen oder minimalinvasive Katheterverfahren, in der Regel unter begleitender Bildgebung wie Durchleuchtung. Damit ordnet sich die interventionelle Schmerztherapie zwischen konservativen und operativen Behandlungsmethoden ein.
Die interventionelle Schmerztherapie bietet Patienten, denen eine konservative Behandlung mittels Medikamenten und Physiotherapie nicht ausreichend hilft, die Möglichkeit, eine Operation zu vermeiden. Auch bei Patienten, bei denen operative Verfahren erfolglos geblieben sind (Failed back-surgery-Syndrom), sind die verschiedenen Verfahren oft eine vielversprechende Option.
Als typisches Einsatzgebiet gelten unbeherrschbare Rückenschmerzen. Hier lässt sich mithilfe interventioneller Methoden der Teufelskreis chronischer Rückenschmerzen häufig durchbrechen und eine erhebliche Besserung der Schmerzen auf ein erträgliches Niveau erreichen. Eine Kombination von minimalinvasiven Verfahren kann die Beschwerden oft anhaltend verbessern und den Weg zurück in ein nahezu schmerzfreies Leben bahnen. Dafür ist meist nur ein kurzer stationärer Aufenthalt in der Gelenk-Klinik ausreichend, in manchen Fällen erfolgt der Eingriff auch ambulant.
Für welche Patienten eignet sich die interventionelle Schmerztherapie?
Die interventionelle Schmerztherapie erreicht sehr gute Ergebnisse bei sehr starken akuten und chronischen Schmerzen, bei denen konservative Therapiemaßnahmen den gewünschten Erfolg nicht erzielen konnten:
- akute und chronische Schmerzzustände an der Halswirbelsäule (HWS-Syndrom), Brustwirbelsäule (BWS-Syndrom), Lendenwirbelsäule (LWS-Syndrom), Radikulopathie
- Schmerzen im Iliosakralgelenk (ISG-Syndrom)
- akute und chronische Schmerzzustände nach Bandscheibenoperationen
- Spondylarthrose: Verschleiß der Wirbelgelenke, auch Facettensyndrom genannt
- Gelenkschmerzen, Schmerzen bei Rheuma
- Polyneuropathie (Nervenschmerzen), Schmerzen bei Durchblutungsstörungen
Ablauf der interventionellen Schmerztherapie
Eine interventionelle Schmerztherapie kann im Falle einer Infiltration der Wirbelsäule ambulant durchgeführt werden. Bei den anderen Verfahren wird der Betroffene je nach Eingriff stationär in der Gelenk-Klinik aufgenommen. Vor dem kleinen Eingriff erfolgt in der Regel eine lokale Betäubung. Bei manchen Verfahren, wie z. B. der Kyphoplastie, wird eine Narkose durchgeführt.
Während der Operation kontrolliert der Rückenspezialist die Platzierung des Katheters oder der Nadel mithilfe von Röntgen oder Computertomographie. Nach der Behandlung wird der Patient für einige Zeit überwacht, dabei überwacht der Anästhesist Herzfrequenz und Blutdruck und verabreicht, wenn nötig, Schmerzmedikamente. Ist nach dem Eingriff eine stationäre Aufnahme erforderlich, erhält der Patient dort oft spezielle Infusionsbehandlungen. Eine intensive krankengymnastische Therapie rundet das Therapiekonzept ab.
Probebehandlung
Ob eine Infiltration oder eine Behandlung mit Elektroden die Beschwerden des Patienten lindern kann, prüft der Rückenspezialist vor dem eigentlichen Eingriff mit einer Probebehandlung. Dabei wird ein schmerzlinderndes Medikamentengemisch an die betroffenen Bereiche von Wirbelsäule bzw. Rückenmark gespritzt. Verschwinden daraufhin die Schmerzen, steht der geplanten Therapie nichts mehr im Weg.
Ist bei der interventionellen Schmerztherapie eine Nachbehandlung erforderlich?
Eine intensive Nachbehandlung nach dem stationären Aufenthalt ist bei einigen interventionellen Verfahren erforderlich. Idealerweise sollte dies in einem spezialisierten Reha-Zentrum erfolgen. In welchem Umfang Ihre Krankenkasse die Kosten übernimmt, klärt unsere Abrechnungsabteilung im Vorfeld.
Welche Nebenwirkungen können bei der interventionellen Schmerztherapie auftreten?
Generell sind die Risiken der interventionellen Schmerztherapie gering und es treten selten Nebenwirkungen auf. Komplikationen können durch eine ausgiebige Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) und körperliche Untersuchung reduziert werden. So sollte die Infiltration der Wirbelsäule beispielsweise nicht durchgeführt werden, wenn der Patient durch bestimmte Erkrankungen oder Medikamente eine erhöhte Blutungsneigung aufweist. Dies würde die Gefahr der Bildung von großflächigen Blutergüssen und Einblutungen ins Gewebe erhöhen. Entsprechend müssen bestimmte Medikamente vor einem solchen Eingriff pausiert werden.
Wie alle Eingriffe bergen auch interventionelle Schmerztherapien Risiken, wobei es in der Hand von erfahrenen Spezialisten kaum dazu kommt. Durch das Einführen von Kanülen oder Kathetern können Krankheitserreger in die Einstichstelle getragen und Infektionen ausgelöst werden. Auch allergische Reaktionen auf die applizierten Medikamente sind möglich. Zudem kann es in seltenen Fällen zu Verletzungen der Nerven oder Nervenwurzeln kommen. Dies äußert sich durch Schmerzen, Gefühlsstörungen oder Taubheitsgefühlen in der Körperregion, die von den betroffenen Nerven versorgt werden.
Facettengelenksdenervierung: Thermokoagulation unterbindet Schmerzweiterleitung
Bei einer Facettengelenksdenervierung schaltet der Rückenspezialist diejenigen Nervenfasern aus, die den Schmerz von dem erkrankten Facettengelenk in das Gehirn leiten. In der Gelenk-Klinik verwenden die Experten dafür die Thermokoagulation. Im Rahmen eines minimalinvasiven Eingriffs platzieren sie unter Röntgenkontrolle eine winzige Sonde, mit der sie den schmerzleitenden Nerv erhitzen und damit ausschalten.
ISG-Denervierung: Minimalinvasive Behandlung des ISG-Syndroms mit Thermokoagulation
Die ISG-Denervierung wird zur Behandlung des ISG-Syndroms eingesetzt. Mithilfe einer Radiofrequenzsonde verödet der Rückenspezialist die kleinen Nervenäste, die den Schmerz vom erkrankten Iliosakralgelenk an das Gehirn leiten. Auf diese Weise können chronische, mit konservativen Maßnahmen nicht beherrschbare Rückenschmerzen beim ISG-Syndrom meist gut gelindert werden.
Infiltration der Wirbelsäule: Mit Injektionen an schmerzende Nervenwurzeln
Bei der Infiltration der Wirbelsäule spritzt der Rückenspezialist entzündungshemmende bzw. lokal betäubende Medikamente in den betroffenen Bereich. Dabei kann es sich um blockierte Gelenke (ISG-Blockade) oder um entzündete Nervenwurzeln (Radikulopathie )handeln. Ziel ist, die dadurch verursachten Schmerzen zu lindern. Manchmal nutzt man Infiltrationen auch zur Identifizierung der schmerzauslösenden Quelle bei Rückenschmerzen.
Kyphoplastie: Osteoporotische Wirbelkörper wieder stabilisieren
Die Kyphoplastie wird vor allem zur Stabilisierung und Aufrichtung osteoporotischer Wirbelkörperbrüche eingesetzt. Mit einer Hohlnadel spritzt der Rückenspezialist Knochenzement in den brüchigen und kollabierten Wirbelkörper. Die Kyphoplastie erfolgt in Vollnarkose.
PASHA-Katheter: Rückenschmerzen anhand von Elektromodulation bekämpfen
Bei der Elektromodulation mittels PASHA®-Katheter wird eine Elektrode in die Nähe der schmerzleitenden Fasern eingebracht. Auf diese Weise vermindert sie die Schmerzweiterleitung vom Rückenmark zum Gehirn. Eine einmalige Behandlung kann viele Monate – bis hin zu zwei Jahren – Schmerzreduktion schaffen.
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RACZ-Katheter: Medikamentengemisch lindert Rückenschmerzen
Bei der Behandlung mit dem RACZ-Katheter führt der Rückenspezialist unter Röntgenkontrolle einen dünnen, flexiblen Kunststoffschlauch in den Epiduralraum ein. Darüber wird Kochsalzlösung, zusammen mit schmerz- und entzündungshemmenden Stoffen an die betroffene Nervenwurzel injiziert. Häufig sind auch Enzyme enthalten, die z. B. vorgefallenes Bandscheibengewebe schrumpfen lassen oder Vernarbungen auflösen. Der Eingriff erfolgt unter lokaler Betäubung und dauert etwa 30 Minuten. In einigen Fällen bleibt der Katheter einige Zeit liegen, weil die Verabreichung des Medikamentengemischs im Verlauf der nächsten zwei bis drei Tage noch vier Mal wiederholt wird. Für diese Zeit befindet sich der Patient auf der Station der Gelenk-Klinik.
Nukleoplastie: Vorgefallenes Bandscheibengewebe per Katheter entfernen
Mit der Nukleoplastie möchte man bei vorgewölbten Bandscheiben (Bandscheibenprotrusion) den Druck auf den benachbarten Nerv nehmen und damit die Schmerzen zu reduzieren. Dabei entfernt der Rückenspezialist das störende Bandscheibengewebe mithilfe einer Elektrode, die über eine Kanüle in den Wirbelsäulenkanal eingeführt wird. Das Verfahren ist minimalinvasiv und dauert etwa eine Stunde. Meist reicht eine lokale Betäubung dafür aus. Die Ergebnisse sind gemischt, deshalb wird die Nukleoplastie bisher an vielen Kliniken (einschließlich der Gelenk-Klinik) nicht eingesetzt.
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