1. Was ist Kortison und wie wirkt es?
  2. Anwendungsformen von Kortison: spritzen, schmieren, schlucken, infundieren
  3. Wie setzen wir Kortison in der Orthopädie therapeutisch ein?
  4. Wie erfolgreich sind Kortisonspritzen in der Orthopädie?
  5. Welche Nebenwirkungen hat Kortison in der orthopädischen Anwendung?
  6. Wann sind Kortisonspritzen kontraindiziert?
  7. Welche Alternativen zu Kortison gibt es in der Orthopädie?
  8. Häufig gestellte Patientenfragen zur Kortisontherapie in der Orthopädie an Prof. Dr. Sven Ostermeier von der Gelenk-Klinik
Spritze, die Flüssigkeit in das Knie injiziert Eine Injektion von Kortison in ein entzündetes Gelenk kann kurzzeitig Schmerzen und Entzündungen lindern. © Crystal light, Adobe

Kortison (auch Cortison) ist ein lebenswichtiges Hormon, das vom menschlichen Körper in der Nebennierenrinde gebildet wird. Es wirkt u. a. stark entzündungshemmend und deshalb auch schmerzlindernd. Künstlich hergestellte Kortisonpräparate werden als entzündungshemmende (antiinflammatorische) Wirkstoffe bei zahlreichen Erkrankungen verwendet. Sie kommen dabei in Form von Spritzen (Kortisonspritze), Infusion, Tabletten, Gel oder Creme zum Einsatz.

Auch in der Orthopädie nutzten wir die schnelle entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung von Kortison. Häufig wird die Substanz direkt in einen Gelenkspalt gespritzt, so z. B. bei der Kalkschulter oder beim Hallux rigidus. Auch im Rahmen einer interventionellen Schmerztherapie am Rücken oder bei starken Schmerzen durch Arthrose verwenden Orthopäden Kortison.

Trotz seiner schnellen und meist zuverlässigen Wirkung ist Kortison jedoch kein Wundermittel. Denn vor allem bei hochdosierter oder wiederholter Anwendung birgt es eine große Gefahr für Nebenwirkungen – je nach Applikationsform sowohl im gesamten Organismus als auch örtlich im damit behandelten Bereich. Mehrfache Kortisoninjektionen in ein Gelenk können z. B. dazu führen, dass der wichtige Gelenkknorpel abgebaut wird. Auch Sehnen leiden unter wiederholten Kortisoneinspritzungen. Deshalb sind die meisten Orthopäden zurückhaltend bei der Verwendung von Kortison und empfehlen den Wirkstoff nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung.

Was ist Kortison und wie wirkt es?

Nebennierenrinde Jeder Mensch hat zwei Nebennieren, die jeweils am oberen Pol der Nieren sitzen. Die Nebenniere besteht aus dem inneren Nebennierenmark, in dem Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin gebildet werden. In der äußeren Nebennierenrinde entstehen die Steroidhormone, zu denen Cortisol gehört. © adobe, Sebastian Kaulitzky

Kortison ist ein Hormon, das in der Nebennierenrinde (lat. cortex „Rinde“) gebildet wird. Es gehört zu den Glukokortikoiden und wirkt in seiner aktivierten Form (Cortisol oder Kortisol) als Stresshormon. Das aktive Hormon Kortisol ist überlebenswichtig, weil es gemeinsam mit Adrenalin und Noradrenalin in Gefahren- oder Stresssituationen den Stoffwechsel ankurbelt und dem Körper energiereiche Verbindungen zur Verfügung stellt – z. B. um zu kämpfen oder um zu flüchten.

Ein Hormon, viele Namen

Im engeren – medizinisch korrekten – Sinn ist Kortison die inaktive Form des Stresshormons Kortisol. Der Begriff wird jedoch regelmäßig als Synonym für die natürliche, aktive Form des körpereigenen Stresshormons (Kortisol/Cortisol) genutzt. Und auch das medizinische, künstlich (synthetisch) hergestellte Hormon wird meist als Kortison bezeichnet. Der richtige Name für künstlich hergestelltes Kortisol ist Hydrokortison. Weitere synthetische, aus Kortisol abgeleitete Kortisonpräparate sind Triamcinolon, Prednisolon oder Betamethason. Sie unterscheiden sich z. B. in ihrer Stärke und ihrer Wirkdauer und werden deshalb unterschiedlich eingesetzt.

Die Kortisolausschüttung ins Blut unterliegt einem Tagesrhythmus. Mitten in der Nacht sind die Kortisolwerte am niedrigsten. Morgens steigen die Werte an und erreichen etwa zur Mittagszeit einen Peak, um dann bis Mitternacht wieder abzufallen. Unter Stress oder bei Gefahr sorgt das Gehirn dafür, dass die Nebennierenrinde mehr Kortisol ins Blut abgibt.

    Kortisol hat insbesondere Effekte auf den Kohlenhydrathaushalt, wodurch dem Organismus mehr Glukose zur Verfügung steht. Die vermehrte Glukose ist nötig, damit Gehirn und Muskeln auf Hochtouren arbeiten können. Durch das Kortisol werden aber auch Fette und Proteine gespalten und damit als Energiequelle herangezogen. Gleichzeitig führen die Stresshormone inklusive Kortisol dazu, dass andere, für Flucht und Kampf weniger wichtige Systeme im Körper „heruntergefahren“ werden. Dazu gehören beispielsweise auch das Immunsystem und die für Entzündung verantwortlichen Mechanismen.

    Therapeutisch genutzt werden vor allem die entzündungshemmenden Effekte von Kortisol. Sie beruhen auf einer Vielzahl von Einflüssen auf Zellen, Mediatoren (Botenstoffe) und Enzyme. Denn bei einer Entzündung kommunizieren die Gewebe und die Blutzellen intensiv miteinander. Wird diese Kommunikation gestört, kann dies eine Entzündungsreaktion eindämmen.

  • Kortisol unterdrückt die Produktion und Freisetzung wichtiger Substanzen, die Entzündungen anfeuern und unterhalten. Dazu gehören Zytokine wie Interleukin und Tumornekrosefaktor, aber auch Chemokine (die z. B. Fresszellen anlocken) und Prostaglandine.
  • Kortisol hemmt die weißen Blutzellen, die eine zentrale Rolle bei Entzündungsreaktionen spielen. Es verringert ihre Bewegung zum Entzündungsort und blockiert ihre Funktionen, z. B. die Sekretion von Zytokinen.
  • In der späten Entzündungsphase reduziert Kortisol die Ablagerung von Bindegewebe (Kollagen) und die Vermehrung von Bindegewebszellen und kleinsten Blutgefäßen.

Über diese und andere Mechanismen führen Kortisonpräparate dazu, dass Entzündungen eingedämmt und Schmerzen dadurch gelindert werden. Die Sache hat jedoch eine Kehrseite: Entzündungsvorgänge sind eng verknüpft mit Reparaturvorgängen. Unterdrückt man die dafür verantwortlichen Zellen, Zytokine und Enzyme langfristig, kann das dem Gewebe auch schaden (siehe "Nebenwirkungen von Kortison in der orthopädischen Anwendung").

Anwendungsformen von Kortison: spritzen, schmieren, schlucken, infundieren:

Kortisontabletten Kortison wird in der Orthopädie vor allem lokal verwendet. Bei manchen Erkrankungen - wie etwa bei der Frozen Shoulder - verschreibt der Orthopäde Kortisontabletten zum Einnehmen. © granata68, Adobe

Ob im Gelenk, in der Haut oder in der Lunge: Entzündungen können überall am Körper auftreten. Und nahezu überall kann man sie mit Kortisonpräparaten eindämmen. Um an den Ort des jeweiligen Geschehens zu kommen, wird der Wirkstoff in verschiedenen Applikationsformen verwendet. Dazu gehören u. a. Kortisonspritzen und -infusionen, Kortisoncreme, Kortisontabletten, Kortisonspray, Kortisonaugentropfen und Kortisonzäpfchen.

In der Orthopädie kommt Kortison vor allem lokal zum Einsatz. Mit Spritzen wird es z. B. direkt in ein entzündetes Gelenk oder neben einen entzündeten Sehnenansatz injiziert. Ist ein Gelenk nicht gut zu erreichen – wie z. B. die Facettengelenke an der Wirbelsäule oder das Iliosakralgelenk – wird das Kortison über einen dorthin vorgeschobenen Katheter eingebracht. Bei Bandscheibenvorfällen wird das Kortison auch über die Vene infundiert und gelangt über den Blutkreislauf in die Wirbelsäule.

Für einige Erkrankungen in der Orthopädie ist die systemische Kortisontherapie mit Kortisontabletten eine Option. Das gilt etwa für die Frozen Shoulder.

Ansonsten sind die orale Einnahme und andere Verabreichungsarten vor allem für internistische Erkrankungen von Bedeutung. Kortisonsprays lindern bei Asthma die entzündlichen Veränderungen in den Bronchien. Kortison in Tablettenform wird bei fast allen rheumatisch-entzündlichen Erkrankungen eingesetzt (z. B. bei der rheumatoiden Arthritis). Mit Kortison als Rektalschaum oder in Zäpfchenform behandelt man schwere Entzündungen im unteren Dickdarmbereich bei Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Als Creme und Gel sind Kortisonpräparate zudem für viele Hautpatienten unentbehrlich, z. B. bei Neurodermitis.

Wie setzen wir Kortison in der Orthopädie therapeutisch ein?

Kortisoninjektion Die Behandlung von Rückenschmerzen mit Kortisoninjektionen gehört zur interventionellen Schmerztherapie. © Kzenon, Adobe

Kortison wird in der Orthopädie aufgrund seiner starken entzündungshemmenden Effekte geschätzt. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen setzen wir Kortison jedoch nur ganz gezielt, vorübergehend und nach gründlicher Prüfung von Nutzen und Risiko ein. In vielen Fällen handelt es sich um eine Zweit- oder Drittlinientherapie. Das bedeutet, dass vorher alle anderen konservativen Maßnahmen ausgeschöpft worden sind. Dazu gehören z. B. die schmerz- und entzündungshemmende Therapie mit NSAR, physikalische Maßnahmen wie Wärme- und Kälteapplikationen und Physiotherapie – oftmals aber zunächst auch Schonung.

Meist wird das Kortison lokal in den entzündlich veränderten Bereich injiziert. Die Behandlung soll genau dort die Entzündung bekämpfen und die Schmerzen lindern, um die Heilung zu ermöglichen. Je nach Erkrankung kann die Spritze mit mehrmonatigem Abstand wiederholt werden. Als Dauertherapie sind Kortisoninjektionen jedoch nicht geeignet.

Mögliche Indikationen für Kortisoninjektionen sind:

Ganz wichtig ist zu wissen, dass Kortison in der Regel zwar die Entzündung bekämpft, nicht jedoch deren Ursache. Das Eindämmen von lokalen entzündlichen Prozessen gibt dem Körper jedoch die Möglichkeit, das Ausheilen einer Erkrankung zu unterstützen. So wird eine erforderliche Physiotherapie oft erst durch die schmerzlindernde Kortisonbehandlung möglich.

Wie erfolgreich sind Kortisonspritzen in der Orthopädie?

Wie effektiv Kortisoninjektionen sind, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Zunächst muss die Diagnose korrekt gestellt und die Zielstruktur genau bekannt sein. Denn um zu wirken, muss das Kortison genau dort landen, wo es „brennt“, d. h. die entzündliche Ursache der Beschwerden liegt. Das kann z. B. ein Gelenk sein, ein Band oder eine Nervenwurzel. Diese Struktur aufzuspüren ist besonders bei der Behandlung von Rückenschmerzen nicht immer einfach und erfordert vom behandelnden Arzt eine hohe Expertise.

Zudem muss die identifizierte Zielstruktur bei der Injektion präzise getroffen werden. Nur so kann das Kortison auch genau dort injiziert werden, wo es wirken soll. Zur Kontrolle dienen bildgebende Verfahren während der Intervention. Eingesetzt werden je nach punktiertem Bereich meist die Durchleuchtung, manchmal aber auch der Ultraschall.

Selbst bei exakter Diagnose und Applikation variieren die Erfolgsquoten von Kortisoninjektionen. Das haben zahlreiche Studien an Patienten ergeben, deren Rückenschmerzen mit Kortisonspritzen behandelt wurden. Daran sind die individuellen Verhältnisse schuld. Zum Beispiel, wie stark die Entzündung fortgeschritten ist, ob daneben auch eine knöcherne Kompression eine Rolle spielt und in welchem allgemeinen Gesundheitszustand sich der Patient befindet.

Das Gleiche gilt für Kortisoninjektionen in Gelenke außerhalb der Wirbelsäule. In vielen Fällen können sie Patienten helfen – zumindest kurzfristig und bei akut entzündlichen Prozessen. Recht widersprüchlich sind die Studienergebnisse bei der Behandlung von Arthrosen mit Kortisoninjektionen, allen voran die Knie- und Schulterarthrosen. Das liegt daran, dass diese verschleißbedingten chronischen Erkrankungen häufig reaktiviert werden und dann erneut schmerzen – die Kortisonspritze also nichts an der eigentlichen Ursache geändert hat.

Welche Nebenwirkungen hat Kortison in der orthopädischen Anwendung?

Kortison Nebenwirkung auf das Kniegelenk Darstellung des Kniegelenks mit Knorpel. Links gesunder, glatter Knorpel; rechts ist der Knorpel beschädigt, rauh und ausgedünnt. Eine Ursache für krankhaften Knorpelabbau sind wiederholte Kortisoninjektionen in das Gelenk. © crevis, Adobe

In der Orthopädie wird Kortison vor allem lokal eingesetzt. Lokal, also an Bändern, Sehnen oder im Gelenk, entfaltet das Hormon alle seine antientzündlichen Wirkungen. Neben den gewünschten Effekten führt dies aber auch zu unerwünschten Wirkungen im behandelten Bereich, vor allem, wenn der Wirkstoff wiederholt injiziert wird.

Gefürchtet ist insbesondere die Wirkung von Kortisoninjektionen auf den Gelenkknorpel. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass wiederholte Kortisonspritzen bei Kniegelenksarthrose den Abbau der gelenkschützenden Knorpelsubstanz fördert. In einer US-amerikanischen Studie wurden 459 Patienten mit Kniegelenks- oder Hüftarthrose untersucht, die in einem Zeitraum von bis zu 15 Monaten eine bis drei Kortisonspritzen ins Gelenk erhalten hatten. 8 % von ihnen entwickelten unerwünschte Wirkungen wie Knochen- und Knorpelverlust sowie eine beschleunigte Gelenkzerstörung. Andere Studien konnten diese Ergebnisse allerdings nicht unterstützen, die Datenlage ist also insgesamt noch widersprüchlich.

Auch auf die Qualität von Sehnengewebe wirkt sich Kortison negativ aus. Es verringert z. B. die Bildung von Kollagen, dem Haupteiweiß in den Fasern von Bändern und Sehnen. Das behindert sowohl die Heilung als auch die Reparatur des geschädigten Sehnengewebes. Vor allem bei wiederholten Injektionen können die Sehnen auf diese Weise spröde und brüchig werden und kleinste Einrisse entstehen. Das Gleiche gilt für Bänder, auch sie können durch Kortisoninjektion empfindlich geschwächt werden.

Systemische Nebenwirkungen von Kortison

Durch seine zahlreichen Effekte auf den Organismus kann Kortison viele unerwünschte Wirkungen im Organismus auslösen. Dies ist vor allem der Fall, wenn der Wirkstoff als Tabletten eingenommen wird und über das Blut systemisch, also im gesamten Körper wirkt. Bei langfristiger oraler Einnahme von Kortison drohen deshalb u. a. Gewichtszunahme, Fettumverteilung, Hautveränderungen, Haarausfall sowie Bluthochdruck. Durch die Wirkung auf den Zuckerstoffwechsel kann der Blutzucker ansteigen. Auch psychische Nebenwirkungen wie Euphorie, Unruhe und Schlafstörungen sind häufig. Oft baut sich die Muskulatur ab und am Knochen kommt es zur Osteoporose. Patienten, die regelmäßig Kortison einnehmen müssen, sollten deshalb engmaschig in puncto Herz-Kreislauf-System, Stoffwechsel und Knochendichte untersucht und gegebenenfalls behandelt werden.

In der Orthopädie wird Kortison insbesondere lokal eingesetzt. Aber auch Kortisoninjektionen in Gelenke, an Nervenwurzeln oder in den Bereich von Sehnenansätzen können manchmal dazu führen, dass der Wirkstoff durch das Gewebe in ein Gefäß diffundiert - also die Blutbahn erreicht. In diesen Fällen muss mit folgenden (vorübergehenden) unerwünschten Wirkungen gerechnet werden:

  • Gesichtsrötung (Flush), ggf. sogar Pusteln,
  • Hitzewallungen,
  • Blutdrucksteigerung, Tachykardie (Beschleunigung des Herzschlags),
  • Schlafstörungen, Unruhe, Euphorie,
  • Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme und
  • Steigerung des Blutzuckerspiegels.

Mögliche Komplikationen durch die Intervention

Da Kortison in der Orthopädie meist gespritzt wird, drohen neben den kortisonspezifischen Nebenwirkungen weitere Komplikationen durch die Injektion. Trifft der Arzt nicht genau und landet das Hormon im Fettgewebe, können dort Fettzellen absterben und sich unschöne Dellen entwickeln.

Dramatischer als diese kosmetischen Folgen sind Infektionen: Bei jeder Spritze können Bakterien von der Hautoberfläche in den Körper gelangen, bei Gelenkspritzen sogar bis ins Gelenk hinein. Gelenkinfektionen sind auch bei sorgfältigster Hygiene möglich, denn selbst mit der besten Desinfektion lässt sich keine komplette Keimfreiheit erzielen. Eingespritztes Kortison steigert das Infektionsrisiko vermutlich noch, da es die Immunabwehr schwächt. Pochende Schmerzen im Gelenk, Schwellungen und/oder eine Rötung an der Einstichstelle nach einer intraartikulären Injektion sind Alarmzeichen für eine bakterielle Gelenkinfektion, die unverzüglich ärztlich behandelt werden muss.

Solche durch die Applikation von Spritzen oder Kathetern möglichen Komplikationen sind unter fachgerechter Ausführung überaus selten. Deshalb ist es wichtig, etwaige Verfahren nur in Praxen und Kliniken mit entsprechender Expertise und von erfahrenen Fachärzten durchführen zu lassen.

Wann sind Kortisonspritzen kontraindiziert?

Der Einsatz von Kortisonspritzen erfolgt in der Orthopädie nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und nach Ausschöpfung sämtlicher konservativer, kortisonfreier Optionen. Daneben gibt es Situationen, bei denen Kortisonspritzen ins Gelenk absolut kontraindiziert sind:

  • Verdacht auf aktive Infektion im Gelenk,
  • Patienten mit Blutungsneigung oder unter blutverdünnenden Medikamenten,
  • instabile Gelenke,
  • Gelenkprothesen oder
  • Schwangerschaft.

Welche Alternativen zu Kortison gibt es in der Orthopädie?

Hyaluronsäure Hyaluronsäure ist eine gelartige, durchsichtige Flüssigkeit. Für den medizinischen Einsatz wird sie durch Fermentation oder Extraktion aus tierischen Quellen gewonnen. © Irina Sharnina, Adobe

Kortison ist zweifellos ein hochpotentes Medikament, das in vielen medizinischen Indikationen unverzichtbar ist und eine schnelle Wirkung verspricht. Beim lokalen Einsatz in der Orthopädie sind die behandelnden Ärzte inzwischen aufgrund der genannten unerwünschten Wirkungen zurückhaltender mit Kortisoninjektionen. Meist versucht man zunächst, mit allgemeinen Maßnahmen Linderung zu verschaffen:

  • NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) wie Diclofenac oder Ibuprofen sind entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente. Sie gelten als Therapie erster Wahl und helfen häufig, die Beschwerden zu lindern. Verabreicht werden NSAR meist oral über Tabletten, in manchen Fällen wie z. B. bei der Kniegelenksarthrose helfen auch Einreibungen mit Kortisoncreme.
  • Die Physikalische Therapie mit Kälte, Wärme oder TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation) ist ebenfalls bei einigen Krankheitsbildern in der Lage, Schmerzen zu lindern und die Funktionalität zu verbessern.

Ob und welche Übungen bei Erkrankungen wie Arthrose angezeigt sind, entscheidet der behandelnde Arzt. Manchmal ist vor einer Bewegungstherapie auch eine vorübergehende Schonung erforderlich.

Hyaluronsäure und plättchenreiches Plasma als Alternative

Für einige Erkrankungen gibt es inzwischen auch spezielle Methoden, die als gute Behandlungsoption gelten. Für die Behandlung von schmerzhaftem Gelenkverschleiß in Hüft-, Knie- oder Sprunggelenk stehen in der Gelenk-Klinik weitere spezielle Verfahren zur Verfügung:

Hyaluronsäure verbessert Gelenkschmerzen in frühen Stadien der Arthrose. Sie wirkt wie ein Schmiermittel, das die Gleitfähigkeit im Gelenk unterstützt. Die Arthrose heilen kann Hyaluronsäure nicht – wohl aber die Beschwerden lindern und die Lebensqualität verbessern. Die Wirkung einer Spritze hält oft monatelang an, die Injektion kann mehrfach wiederholt werden. In der Regel sind Auffrischungen nach 9 bis 12 Monaten sinnvoll.

Autologes plättchenreiches Plasma ist bei Arthrosebeschwerden ebenfalls eine Option. Dieses Verfahren ist eine spezifische Form der Eigenbluttherapie, bei der dem Patienten entnommenes Blut speziell aufbereitet wird. Dazu filtert man die roten und weißen Blutkörperchen zum Großteil heraus, übrig bleibt ein Thrombozytenkonzentrat. In ein Arthrosegelenk gespritzt soll das plättchenreiche Plasma (PRP) die Regeneration unterstützen und knorpelschützende Effekte entfalten. Vermittelt werden diese Effekte vermutlich durch aktivierte Wachstumsfaktoren.

Häufig gestellte Patientenfragen zur Kortisontherapie in der Orthopädie an Prof. Dr. Sven Ostermeier von der Gelenk-Klinik

Wie oft kann bei einer Kniegelenksarthrose Kortison ins Gelenk gespritzt werden?

Aufgrund der unerwünschten Wirkung auf den Gelenkknorpel ist man heute mit der Verabreichung von kortisonhaltigen Gelenkspritzen vorsichtig. Experten empfehlen, nur im Abstand von mehreren Wochen - besser Monaten - Kortison ins Kniegelenk zu injizieren. Pro Jahr sollten nur bis zu drei Injektionen erfolgen. Wie bei allen medizinischen Eingriffen muss die Indikation für eine Kortisonspritze vom behandelnden Arzt sorgfältig geprüft werden.

Wie schmerzhaft ist eine Gelenkspritze mit Kortison?

Eine vom geübten Experten durchgeführte Injektion von Kortison in Knie-, Schulter- oder Daumengelenk ist zwar unangenehm, aber erträglich. Der Schmerz beim Einstich ähnelt dem einer Impfung; wird das Kortison in das Gelenk gespritzt, entsteht meist ein Druckgefühl. Spritzen in das Hüftgelenk sind schmerzhafter. Hier wie auch bei den anderen Gelenkinjektionen ist aber eine vorherige örtliche Betäubung möglich. Dazu dienen örtliche Betäubungsmittel in Cremeform oder Eisspray.

Worauf muss man nach einer Gelenkspritze achten?

Ob Punktion oder Kortisonspritze: Nach einer Gelenkspritze ist es wichtig, das betroffene Gelenk im Auge zu behalten. In seltenen Fällen kann es durch die Injektion zu einer Infektion des Gelenks mit Hautbakterien kommen. Alarmzeichen dafür sind Rötung, Schmerzen und das Anschwellen des behandelten Bereichs.

Warum soll man sich nach einer Gelenkspritze schonen?

Sehr selten kann es dazu kommen, dass sich ein Teil des eingespritzten Kortisons durch den Einstichkanal in das Nachbargewebe verteilt und dort unerwünschte Wirkungen auslöst. Begünstigt wird dieser Vorgang durch Bewegungen. Deshalb ist für das Gelenk erst einmal Ruhe und Schonung angesagt. Wie lange dies dauern sollte, bestimmt der behandelnde Arzt. Auch längerfristig darf die Schmerzfreiheit, die durch die Kortisoninjektion erreicht wird, nicht zu übermäßiger Bewegung des erkrankten Gelenks führen. Nur mit ausreichend Ruhe haben die Strukturen ausreichend Zeit, um auszuheilen.

Drohen bei einer Kortisonspritze ins Gelenk auch allgemeine systemische Nebenwirkungen wie Bluthochdruck, Fettumverteilung oder Diabetes?

Das in der Orthopädie eingesetzte Kortison wirkt in der Regel vor allem lokal, d. h. dort, wohin es gespritzt wurde. Eine Aufnahme in das umliegende Gewebe oder in die Blutbahn findet - wenn überhaupt - nur in sehr begrenztem Maß statt. Deshalb kann man bei einer einmaligen, niedrig dosierten Kortisonspritze in ein Gelenk oder in den Bereich eines Sehnenansatzes davon ausgehen, dass es nicht zu den von einer langfristigen Kortisontherapie bekannten Nebenwirkungen kommt. In sehr seltenen Fällen kann es durch Diffusion des Kortisons in Blutgefäße zu einem kurzfristigen, vorübergehenden Blutdruckanstieg, Flush oder erhöhtem Blutzuckerspiegel kommen.

Wie schnell wirkt eine Kortisonspritze?

Wie schnell bei einer Kortisoninjektion mit einer Wirkung gerechnet werden kann, lässt sich pauschal nicht sagen. Wird Kortison zur Behandlung einer aktivierten Kniegelenksarthrose in das Gelenk gespritzt, sollten die Beschwerden nach wenigen Stunden nachlassen. Manchmal reizt aber das eingespritzte Kortison das Gelenk vorübergehend durch seine kristalline Struktur. Diesen Schmerzen kann man durch Kühlen entgegenwirken, falls erforderlich, hilft auch die Einnahme eines schmerzlindernden NSAR.

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Darf man Kortison bei Achillessehnenreizung einsetzen?

Eine Kortisonspritze kann die Beschwerden bei gereizten Achillessehnen schnell lindern. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass der Wirkstoff nie direkt in die Sehne, sondern nur dahinter gespritzt wird. Denn Kortison kann dem Sehnengewebe schaden und Risse provozieren. Aus diesem Grund sollten Kortisonspritzen zur Behandlung von Achillessehnenproblemen nur von geübten Experten eingesetzt werden. Manche Orthopäden lehnen aufgrund der drohenden Komplikationen Kortisonspritzen bei Achillessehnenreizung auch ganz ab.

Wie lange wirkt eine Kortisonspritze?

In Gelenke wird Kortison meist in kristalliner Struktur gespritzt. Diese Kristalle bilden ein Depot und zersetzen sich nur langsam. Deshalb hält die Wirkung länger an als bei nicht-kristallinen Kortisonlösungen. Je nach Präparat hält die entzündungshemmende Wirkung Tage bis Wochen an. Ist die Entzündung dann nicht vollständig abgeklungen, kann die Injektion wiederholt werden. Als Faustregel gilt, dass pro Jahr nicht mehr als drei/vier Kortisoninjektionen erfolgen sollen. Manche Orthopäden sind sogar noch zurückhaltender.

Hilft eine Kortisonspritze gegen Schulterschmerzen?

Kortisoninjektionen können bei etlichen Erkrankungen der Schulter die Schmerzen lindern. So heilt z. B. die beim Impingement gereizte Sehne darunter besser ab - vorausgesetzt, die Schulter wird in dieser Zeit geschont. Auch bei bei Schleimbeutelentzündungen im Schulterbereich wird Kortison eingesetzt. Wie bei allen Kortisoninjektionen gilt jedoch auch an der Schulter, dass der Arzt zuvor Nutzen und Risiken gründlich abwägen muss.

Beeinträchtigt eine Kortisonspritze die Antwort auf eine zeitnahe Impfung?

Kortison kann die Immunantwort auf Schutzimpfungen verringern. Besonders ist dies bei oraler Kortisongabe, d. h. bei der Einnahme von Tabletten der Fall. Experten raten allerdings auch bei orthopädisch veranlassten Kortisonspritzen zu Vorsicht. Oft wird empfohlen, im Zeitraum von 8 Wochen vor bis 2 Wochen nach der Impfung keine kortisonhaltigen Injektionen vorzunehmen.

Welche Kortisonpräparate zum Spritzen in Gelenke gibt es?

Die am häufigsten in der Orthopädie eingesetzten sind Betamethason, Dexamethason und Triamcinolon.

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