1. Was ist eine Hüftdysplasie?
  2. Symptome der Hüftdysplasie
  3. Spätfolgen der Hüftdysplasie: Hüftarthrose
  4. Ursachen der Hüftdysplasie bei Erwachsenen
  5. Diagnostik: Wie untersucht der Spezialist eine Hüftdysplasie bei Erwachsenen?
  6. Therapie der Hüftdysplasie bei Erwachsenen
  7. Häufige Patientenfragen zur Hüftdysplasie an Dr. Martin Rinio von der Gelenk-Klinik
Röntgenbild beidseitige Hüftdysplasie bei erwachsener Patientin Das Röntgenbild zeigt eine beidseitige Hüftdysplasie bei einer 45-jährigen Patientin. Die Gelenkpfanne (Acetabulum) überdacht den kugeligen Oberschenkelkopf nur unzureichend. Der Oberschenkelknochen ist dadurch nicht fest und zentriert im Hüftgelenk verankert.© Gelenk-Klinik

Der Begriff Hüftdysplasie umfasst sowohl Fehlstellungen des Hüftgelenks als auch Störungen der Verknöcherung in früher Kindheit. Der Großteil aller Hüftdysplasien in Deutschland ist angeboren. Die Hüftdysplasie gehört damit zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen des Skelettsystems bei Neugeborenen.

Unbehandelt bleibt eine Hüftdysplasie lange Zeit schmerzfrei, kann aber ab dem jungen Erwachsenenalter gravierende Spätfolgen haben:

Schätzungsweise 10 Prozent der heute eingesetzten künstlichen Hüftgelenke und die Hälfte aller diagnostizierten Coxarthrosen gehen auf eine nicht behandelte Hüftdysplasie in der Kindheit zurück.

Diese Zahlen machen die große Bedeutung einer möglichst frühzeitigen Behandlung nach Diagnosestellung durch den Hüftspezialisten deutlich. Bei Therapiebeginn im Säuglingsalter ‒ also vor einer nennenswerten Verknöcherung des Hüftgelenkes ‒ besteht eine fast 100-prozentige Heilungschance ohne Spätfolgen.

Bei erwachsenen Patienten ist das wichtigste Ziel des orthopädischen Spezialisten, ein annähernd normales Gangbild und möglichst vollständige Schmerzfreiheit zu erreichen. Eine gründliche Diagnostik ist die Grundlage für die anschließende Therapie, die exakt auf die anatomischen Besonderheiten der Patienten abgestimmt wird.

Was ist eine Hüftdysplasie?

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Bei einer Hüftdysplasie ist die Gelenkpfanne (Acetabulum) fehlgebildet. Sie überdacht den kugeligen Oberschenkelkopf nur unzureichend und der Oberschenkel ist nicht fest und zentriert im Gelenk verankert. Unter Belastung droht der Oberschenkel teilweise oder vollständig aus dem Gelenk zu “springen” (Luxation).

Anatomie des Hüftgelenks

Das Hüftgelenk ist nach dem Knie das zweitgrößte Gelenk im menschlichen Körper und gehört wie das Schultergelenk zu den Kugelgelenken. Es verbindet den Oberschenkel (Femur) mit dem Becken (Pelvis) und ermöglicht mit der Kombination aus hoher Stabilität und maximaler Beweglichkeit in drei Dimensionen den aufrechten Gang.

Zwei knöcherne Strukturen bilden das Hüftgelenk: Das körpernahe (proximale), kugelförmige Ende des Oberschenkelknochens (Caput femoris) und die umschließende Hüftpfanne (Acetabulum). Die Gelenkpfanne überdacht etwas mehr als die Hälfte des Oberschenkelkopfes und garantiert einen großen Bewegungsradius.

Drei Knochen bilden das Acetabulum: Darmbein (Os ilium), Sitzbein (Os ischii) und Schambein (Os pubis). Der innere Rand der Hüftpfanne wird durch eine Gelenklippe aus festem Faserknorpel (Labrum acetabuli) abgeschlossen.

Darstellung des Hüftgelenkes mit Hüftpfanne und Oberschenkelkopf, die von einer gemeinsamen Gelenkkapsel umgeben sind. Das Hüftgelenk ist durch den aufrechten Gang großen Belastungen beim Stehen, Gehen und Laufen ausgesetzt. Die beiden knöchernen Gelenkpartner sind die Hüftpfanne (Acetabulum) und der Oberschenkelkopf (Caput femoris). Beide sind von einer Knorpelschicht (blau) überzogen. Bewegungen des Gelenkes finden aus diesem Grund reibungs- und schmerzfrei statt. Eine gemeinsame Gelenkkapsel umhüllt Hüftpfanne und Oberschenkelkopf und stabilisiert das Gelenk. © Gelenk-Klinik

Am Hüftpfannenrand entspringt die Gelenkkapsel, die das Hüftgelenk fast komplett umschließt. Zusammen mit drei robusten Bändern stabilisiert sie das Hüftgelenk, das im Laufe des Lebens großen Belastungen ausgesetzt wird. Stehen, Gehen, Laufen und Springen sind ohne ein optimal zentriertes und ausgerichtetes Hüftgelenk kaum möglich.

Angeborene Hüftdysplasie bei Kindern

Sind bereits beim Neugeborenen konkrete Fehlstellungen vorhanden, spricht man von einer angeborenen (kongenitalen) oder primären Hüftdysplasie. Es können ein oder beide Hüftgelenke betroffen sein. In vielen Fällen ist ausschließlich die linke Hüfte krankhaft verändert.

Einige Säuglinge weisen bei der Geburt ein von der Normalform abweichendes Hüftgelenk auf. In den meisten Fällen erreicht es allerdings mit der Zeit die Normalform, indem es nachreift. Aus diesem Grund verwenden Experten in diesen Fällen statt dem Begriff “kindliche Hüftdysplasie” eher die Bezeichnung “Reifungsverzögerung”.

Hüftdysplasie bei Erwachsenen

In der Regel handelt es sich bei der Hüftdysplasie um ein angeborenes Krankheitsbild. Es gibt zwei mögliche Gründe, warum erwachsene Patienten unter den Spätfolgen einer Hüftdysplasie leiden:

  • Eine angeborene Erkrankung im Kindesalter wurde nicht erkannt oder nicht ausreichend behandelt. In diesen Fällen spricht der Mediziner von einer sogenannten Restdysplasie im Erwachsenenalter.
  • Durch einen Sturz oder Unfall mit hoher Aufprallgeschwindigkeit entwickelt sich aus einem anfangs normal ausgebildeten Hüftgelenk eine erworbene (sekundäre) Hüftdysplasie.

Die routinemäßige Durchführung eines Hüftscreenings mittels Ultraschall im Säuglingsalter hat zu einer deutlichen Verringerung der Hüftdysplasien geführt. Da die entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen nicht in jedem Land der Welt angeboten werden, gibt es regelmäßig Erwachsene, die mit einer Fehlstellungen im Hüftgelenk die orthopädische Gelenk-Klinik aufsuchen.

Symptome der Hüftdysplasie

Frau mit Schmerzen beim Laufen aufgrund einer Hüftdysplasie Erwachsene leiden unter den Spätfolgen einer Hüftdysplasie, die im Kindesalter nicht erkannt oder ausreichend behandelt wurde. Betroffene spüren belastungsabhängige Schmerzen in Hüft- und Leistengegend. © Dan Race, Adobe Stock

Spätfolgen der Hüftdysplasie: Hüftarthrose

Hüftarthrose (Coxarthrose, rechtes Bild) im Vergleich zu einem nicht arthrotischen Hüftgelenk (links) im Röntgenbild Links: Röntgenaufnahme eines gesunden Hüftgelenks eines Erwachsenen. Der Pfeil markiert den Gelenkspalt zwischen Pfannendach (Acetabulum) und Oberschenkelkopf (Caput femoris). Rechts: Das Röntgenbild zeigt ein arthrotisch verändertes Hüftgelenk mit unregelmäßigen Aufhellungen im Gelenk, die degenerative Veränderungen darstellen. © Gelenk-Klinik

Erwachsene leiden bei einer unzureichend behandelten Hüftdysplasie unter gravierenden Spätfolgen. Erfahrungsgemäß muss sehr früh, ab einem Alter von etwa 25 Jahren, bei Restdysplasien mit ersten arthrotischen Veränderungen gerechnet werden, die mit bewegungsabhängigen Schmerzen verbunden sind.

Typische Beschwerden, die mit den jahrelangen Fehlbelastungen und Abnutzungserscheinungen an Knorpel- und Knochenschichten zusammenhängen, sind bei Erwachsenen starke Schmerzen in der Leisten- und Hüftregion. Diese Schmerzen sind belastungsabhängig und bessern sich in Ruhezeiten.

Betroffene spüren eine Instabilität im Hüftgelenk, sodass zum Beispiel ihr Bein beim Absteigen vom Fahrrad unvermittelt wegknickt. Manche Patienten berichten über eine Art Blockade, die sie in ihren Bewegungen einschränkt und behindert (Hüftimpingement).

Bei erwachsenen Patienten hat sich das Gangbild über die Jahre hinweg oft sichtbar verändert, indem sich ein Hinken oder das Nachziehen eines Beines manifestiert haben.

Zusätzlich können diese Fehlbelastungen im Achsskelett weitreichende Auswirkungen auf Wirbelsäule, Knie- und Sprunggelenke haben und sind für viele Schmerzbeschwerden verantwortlich. Bei schweren Formen einer Hüftdysplasie besteht die Gefahr einer Hüftarthrose (Coxarthrose) mit der Notwendigkeit für den Einsatz eines künstlichen Gelenkes (Hüftendoprothese).

Wie kann eine Hüftdysplasie zu Hüftarthrose führen?

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Eine unbehandelte Hüftdysplasie ist bereits bei Jugendlichen verantwortlich für Schmerzen im Leisten- und Hüftbereich. Der Grund liegt in einer statischen Überlastung des instabilen, fehlgebildeten Hüftgelenks durch das Gewicht des Oberkörpers. Der Rand des Acetabulums wird beschädigt und die Knorpelschicht im Gelenk abgerieben.

In schweren Fällen benötigen die Patienten bereits mit 40 Jahren aus diesem Grund ein künstliches Hüftgelenk.

Wodurch kommt es zu Knieschmerzen infolge einer Hüftdysplasie?

Das Hüftgelenk kompensiert viele Jahre eine Gelenkfehlstellung und schmerzt lange Zeit nicht. Eventuell ist die Beweglichkeit der Betroffenen etwas eingeschränkt und das Binden der Schnürsenkel fällt jedes Jahr ein bisschen schwerer. Es können sich aber unspezifische Schmerzen in Knie oder Schmerzen im Sprunggelenk zeigen, die keine konkrete Ursache haben und durch Druck oft nicht provoziert werden können. Der genaue Zusammenhang zwischen Hüftdysplasie und Schmerzen in anderen Gelenken ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt.

Wie entstehen Rückenschmerzen oder Skoliose durch eine Hüftdysplasie?

Auch für Fachärzte ist die Differentialdiagnostik der verschiedenen Folgeerkrankungen einer kindlichen Hüftdysplasie nicht immer einfach. Möglicherweise entstand durch einen Unterschied in der Beinlänge ein Beckenschiefstand, was erhebliche Effekte auf die Statik des gesamten Körpers hat.

Darstellung eines Beckenschiefstands und der damit verbundenen Skoliose der Wirbelsäule im Vergleich zum Normalzustand Rechts ein Beckenschiefstand und die sich daraus ergebende skoliotische Verkrümmung der Wirbelsäule. Der Beckenschiefstand kann seine Ursache in einer angeborenen Hüftdysplasie haben. © Gelenk-Klinik

Um diese Asymmetrie auszugleichen, nimmt die Wirbelsäule eine skoliotische, seitlich verkrümmte Haltung ein. Langfristig können sich Rückenschmerzen, Nackenschmerzen sowie in den unteren Extremitäten Fußschmerzen, Fersenschmerzen und Sprunggelenksprobleme ergeben.

Ursachen der Hüftdysplasie bei Erwachsenen

Risikofaktoren für Hüftdysplasie bei Erwachsenen:

  • nicht erkannte Hüftdysplasie
  • inkonsequente Behandlung einer erkannten Dysplasie durch die Eltern
  • sekundäre Hüftluxation durch Unfall, Sturz

Die Ultraschalldiagnostik zur Früherkennung einer angeborenen Hüftdysplasie bei Kindern wird in manchen Regionen und Ländern noch nicht flächendeckend und mit ausreichender Erfahrung durchgeführt. Daher suchen durchaus auch Erwachsene mit Schmerzen aufgrund einer Dysplasie den Rat eines Orthopäden.

Zusätzlich erfordert die konservative Behandlung eines Säuglings mit Hüftdysplasie die konsequente Mitarbeit der Eltern: Sie müssen Arzttermine wahrnehmen, täglich eine Hüftbeugeschiene anlegen und die Therapieergebnisse regelmäßig durch den Facharzt kontrollieren lassen. Dabei gilt: Je früher behandelt wird, desto größer ist die Erfolgswahrscheinlichkeit.

Schleicht sich in die Versorgung eines Säuglings mit Hüftdysplasie Nachlässigkeit ein oder sehen die Eltern die orthopädischen Hilfsmittel eher als Zwang denn als Nutzen, kann es bereits in der Pubertät zu schweren Spätschäden, Schmerzen und Behinderungen in der Beweglichkeit kommen. Man spricht in diesen Fällen von einer sogenannten Restdysplasie, die beim Heranwachsenden verbleibt.

Luxation durch Unfall oder Sturz

Stürze aus großer Höhe oder Auffahrunfälle im Straßenverkehr können eine Hüftluxation als schwere Dysplasieform bei Erwachsenen auslösen. Durch die hohe Aufprallenergie, mit der die Knie auf dem Armaturenbrett auftreffen, werden möglicherweise die Hüftgelenke teilweise oder ganz ausgerenkt.

Diagnostik: Wie untersucht der Spezialist eine Hüftdysplasie bei Erwachsenen?

Im Anamnese-Gespräch beschreibt der Patient dem Spezialisten seine Beschwerden. Bei der körperlichen Untersuchung prüft der behandelnde Arzt die Beweglichkeit des Hüftgelenks sowie das Gangbild des Betroffenen, in manchen Fällen unterstützt durch die orthopädische Bewegungs- und Ganganalyse. Durch diese Informationen kann der Spezialist bereits den klinischen Verdacht auf Hüftdysplasie stellen. Wegweisend für die Diagnosefindung ist die apparative bildgebende Untersuchung durch eine Röntgenaufnahme.

Bildgebende Untersuchung einer Hüftdysplasie bei Jugendlichen und Erwachsenen: Röntgen

Zur Abklärung eines Verdachts auf Hüftdysplasie bei jugendlichen oder erwachsenen Patienten fertigt der behandelnde Orthopäde röntgenologische Übersichtsaufnahmen des Beckens an. Er bewertet bei den Röntgenaufnahmen zwei Fragestellungen:

  • Überdacht die Hüftpfanne den Hüftkopf ausreichend?
  • Wie steht der Oberschenkelkopf im Gelenk?

Aus den Ergebnissen entwickelt der Spezialist eine gezielte operative Therapie der Hüftfehlstellung. Als objektive Parameter dienen dem Orthopäden zur Beurteilung verschiedene radiologische Messwerte:

Der CCD-Winkel

Darstellung des CCD-Winkels im Hüftgelenk des Erwachsenen Der CCD-Winkel ist ein Maß für die mechanische Belastbarkeit des Hüftgelenks bei Erwachsenen. Sein Wert sagt aus, wie steil der Oberschenkelkopf in der Hüftpfanne steht. Bei einer normalen Erwachsenenhüfte beträgt der CCD-Winkel 125 Grad (links). Unter 120 Grad liegt eine Coxa vara (“krumme Hüfte”) vor (Mitte), über 140 Grad eine Coxa valga (rechts). Bei der Coxa valga steht der Oberschenkel zu steil im Pfannendach. © Gelenk-Klinik

Dieser Winkel spiegelt die mechanische Belastbarkeit des Hüftgelenks wider. Zur Berechnung zieht man eine gedachte Linie durch den Schenkelhals und eine Linie durch den Femurschaft. Ihr Schnittpunkt ergibt den CCD-Winkel. Er beträgt bei einer normal ausgereiften Erwachsenenhüfte 125 Grad und nimmt mit dem Lebensalter ab.

Ab einem Winkel unter 120 Grad spricht man von einer Coxa vara (“krumme Hüfte”), bei der ein verkrümmter Oberschenkelhals vorliegt. Liegt der Wert des CCD-Winkels über 140 Grad, besteht eine Coxa valga, bei der der Oberschenkelhals zu steil steht.

Der CE-Winkel

Kombinierte Darstellung der mittels Röntgenbild bestimmten Winkel zur Beurteilung einer Hüftdysplasie bei Erwachsenen Zur Beurteilung einer Restdysplasie bei Erwachsenenhüften ermittelt der Orthopäde mithilfe von Röntgenaufnahmen drei wichtige Winkelmaße: den CCD-Winkel als Maß für die Belastbarkeit des Hüftgelenks sowie den CE- und AC-Winkel als Maß für die Überdachung des Hüftkopfes durch die Pfanne. © Gelenk-Klinik

Der CE-Winkel wird gebildet durch die Körperlängsachse und die Verbindungslinie von der Femurkopfmitte zum Pfannendachrand. Je größer dieser Winkel ist, desto umfassender ist die Überdachung des Hüftkopfes durch das Pfannendach. Bei Erwachsenen liegt der CE-Winkel normalerweise über 25 Grad und nimmt mit dem Alter zu.

Der CE-Winkel dient zusammen mit dem CCD-Winkel der Diagnostik einer Coxa valga und Coxa vara. Unterhalb von 20 Grad spricht der Mediziner von einer manifesten (gesicherten) Hüftdysplasie.

Der AC-Winkel

Der AC-Winkel dient ebenfalls als Maß für die Hüftkopfüberdachung und ist im Fall einer Hüftdysplasie vergrößert. Die Ausmessung des AC-Winkels ist besonders bei Kindern sinnvoll, da hier die knöchernen Strukturen, die für die Bestimmung des CCD- und CE-Winkels herangezogen werden, noch nicht vollständig ausgebildet sind.

Der AC-Winkel verringert sich mit dem Lebensalter und der Ausreifung der Hüfte: Bei Säuglingen sollte er unter 35 Grad liegen, bei Einjährigen unter 28 Grad und bei Vierjährigen unter 15 Grad.

Nachdem der Facharzt bei erwachsenen Patienten die Hüftkopfüberdachung, die Stellung des Oberschenkelknochens im Gelenk und die individuelle Anatomie des Oberschenkels beurteilt hat, kann er eine Empfehlung über die möglichen korrigierenden Eingriffe abgeben.

Therapie: Wie behandelt der Spezialist die Hüftdysplasie bei Erwachsenen?

Bei Jugendlichen und Erwachsenen mit Hüftdysplasie oder Hüftluxation ist in der Regel die operative Behandlung die Therapie der Wahl. Der Spezialist korrigiert die Stellung des Hüftkopfes in der Gelenkpfanne durch spezielle Operationsverfahren und vermeidet so langfristig weitere Gelenkschäden. Ist die Hüftarthrose bereits weit fortgeschritten, profitieren die Betroffenen vom Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks.

Operative Therapie der Hüftdysplasie beim Erwachsenen

Für ein schmerzendes Hüftgelenk bei Erwachsenen kann es verschiedene Auslöser ‒ auch in Kombination ‒ geben:

  • eine Fehlstellung des Oberschenkelhalses
  • eine Einklemmung des Hüftgelenkes durch knöcherne Veränderungen (Hüftimpingement)
  • eine verdrehte Stellung der Hüftpfanne

Der Arzt greift bei seiner Behandlung auf bewährte, korrigierende Techniken zurück. Fehlstellungen des Hüftkopfes und des Oberschenkelhalses können bei den Betroffenen starke Leistenschmerzen verursachen, wenn bei bestimmten Bewegungen der Oberschenkel am Pfannendach anschlägt. Man nennt dieses Phänomen femoroacetabuläres Impingement (FAI) oder Anschlagsyndrom der Hüfte. Ziel der ärztlichen Behandlung ist in diesen Fällen, durch knöcherne Korrekturmaßnahmen den Verschleiß im Gelenk umfassend zu verhindern.

Mögliche operative Behandlungen bei Erwachsenen:

  • Beckenosteotomie/Triple-Osteotomie nach Tönnis
  • femorale Korrekturosteotomie
  • Hüftendoprothese (Hüft-TEP)
  • Hüft-Teilprothese
  • Revisionsoperation: Austausch einer bestehenden Hüftprothese
  • Dreifache Beckenosteotomie

    Wenn die Hüftarthrose sich noch im Anfangsstadium befindet, wählt der Hüftchirurg als operative Therapie bei erwachsenen Patienten mit Restdysplasien die 3-fache Beckenosteotomie nach Tönnis (Triple-Osteotomie).

    Bei diesem Operationsverfahren wird die Hüftpfanne aus ihrem Beckenverbund gelöst und an drei Stellen die Knochen, die das Becken bilden, durchtrennt. Der Operateur stellt mit diesem Eingriff einen anatomisch korrekten Überdachungswinkel des Hüftkopfes durch die Hüftpfanne her. Er kann auf diese Weise den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenkes für Jahre hinauszögern oder völlig vermeiden. Schmerzbeschwerden und Bewegungsprobleme bessern sich nach der Triple-Osteotomie deutlich und der Patient gewinnt deutlich an Lebensqualität.

    Femorale Korrekturosteotomie

    Liegen beim Patienten zusätzliche Fehlstellungen am Oberschenkelknochen (Femur) vor, kann die Triple-Osteotomie mit weiteren operativen Techniken wie der operativen Umstellung des Oberschenkelknochens (femorale Korrekturosteotomie) kombiniert werden.

    Einsatz einer Hüftprothese bei fortgeschrittener Hüftarthrose

    Sind die arthrotischen Verschleißerscheinungen im Hüftgelenk zu weit fortgeschritten und konservative Therapien erzielen keine Linderung der Schmerzen, bespricht der Arzt mit dem Patienten die Notwendigkeit für ein künstliches Hüftgelenk.

    Ob das komplette Gelenk oder nur Teile davon durch eine Prothese ersetzt werden, hängt vom vorliegenden Schaden ab: Ist die Hüftpfanne noch unversehrt, der Oberschenkelkopf dagegen bereits degeneriert, reicht eine Hüft-Teilprothese aus. Sind beide Gelenkanteile von Verschleiß betroffen, zieht der Orthopäde eine Hüft-Totalendoprothese (Hüft-TEP) in Betracht.

    Röntgenbild einer einseitigen Hüftarthrose wegen Hüftdysplasie. Röntgenbild einer erwachsenen Frau mit ausgeprägter Hüftarthrose (Coxarthrose) rechts aufgrund bestehender Hüftdysplasie. Der Oberschenkelkopf (Femurkopf) und die Gelenkpfanne (Acetabulum) zeigen deutliche Verschleißerscheinungen. © Gelenk-Klinik Hüft-TEP bei einseitiger Hüftarthrose wegen Hüftdysplasie. Bei der Patientin sind beide Gelenkanteile der rechten Hüfte von Arthrose betroffen. Daher ersetzt der Orthopäde das rechte Hüftgelenk durch eine Hüft-Totalendoprothese. Hier wählte er eine Kurzschaftprothese. © Gelenk-Klinik

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    Teilprothese für junge Erwachsene mit Hüftdysplasie: Hüftüberkronung für hohe Lebensqualität

    Eine bestehende Restdysplasie eines oder beider Hüftgelenke macht sich nicht erst im fortgeschrittenen Lebensalter bemerkbar. Manche Patienten, die sich in der Gelenk-Klinik wegen starker Hüftschmerzen und eingeschränktem Bewegungsradius vorstellen, haben gerade erst ihr 20. Lebensjahr vollendet. Diese Gruppe junger Patienten stellt völlig andere Anforderungen an ein Hüftimplantat als die ältere Generation:

    • Eine Prothese muss den alltäglichen und sportlichen Aktivitäten lange Stand halten.
    • Wegen der hohen Aktivität der Patienten sollte der Gelenkersatz aus abriebfesten Materialien bestehen.
    • Die Implantation wie auch der Ersatz (Revision) der Prothese sollte möglichst knochensparend und schonend erfolgen.
    Hüft-Teilprothese McMinn. Beim Oberflächenersatz nach McMinn (McMinn-Prothese oder Hüftkappe) überkront die Teilprothese den arthrotisch geschädigten Hüftkopf. Die Oberflächenersatzprothese ist knochensparender und schonender als eine Hüft-Totalendoprothese. © Gelenk-Klinik

    Diesen Ansprüchen gegenüber stehen die hohe Knochendichte und eine gute gesundheitliche Konstitution der jungen Patienten, die den Einsatz einer Oberflächenersatzprothese nach McMinn in den Fokus rücken. Bei diesem auch Hüftkappe oder Hüftkrone genannten Gelenkersatz wird lediglich die geschädigte Gelenkfläche des Oberschenkelkopfes ersetzt ‒ ähnlich wie wir es von einer Zahnkrone kennen. Sowohl der Oberschenkelkopf als auch der Knochenschaft bleiben bei Einsatz einer McMinn-Prothese erhalten. Die Hüftkrone besteht aus einer Kobalt-Chrom-Verbindung mit sehr guten Langzeitergebnissen bezüglich Stabilität und Verträglichkeit.

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    Patienten mit McMinn-Prothese steht hinsichtlich ihren sportlichen Aktivitäten nichts im Weg ‒ außer der eigenen körperlichen Konstitution. Es existieren kaum Einschränkungen in der Hüftbeweglichkeit, sogar Reitsport kann wieder ohne Schmerzen ausgeübt werden.

    Ist der Oberschenkelkopf aufgrund einer Schädigung nicht mehr tragfähig (z. B. bei Hüftkopfnekrose), stellt der Einsatz einer Kurzschaftprothese eine schonende Alternative dar. Hierbei wird der Oberschenkelkopf durch die abriebfeste Keramikprothese ersetzt und der Oberschenkelknochen nur im oberen Halsbereich für den Kurzschaft präpariert.

    Konservative Massnahmen bei Erwachsenen mit Hüftdysplasie

    Zusätzlich können physiotherapeutische Übungen und gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren sowie Wandern in ebenem Gelände einem vorzeitigen Gelenkverschleiß entgegenwirken.

    Dabei trainieren Betroffene vor allem die hüftstabilisierenden Muskeln. Zudem lernen sie, welche Bewegungen ihnen helfen, möglichst schmerzfrei beweglich zu bleiben. Generell empfehlen Mediziner bei Gelenkverschleiß, das betroffene Gelenk zu entlasten, etwa indem Patienten bei bestehendem Übergewicht abnehmen.

    Wie lange ist man krank nach einer Operation der Hüftdysplasie?

    Patientin beim Treppensteigen mit Gehhilfe Physiotherapeuten leiten Patienten nach einer Hüftoperation an, wie sie ihren Alltag am besten bewältigen. Dazu gehören der Umgang mit Gehhilfen und Treppensteigen. © Gelenk-Klinik

    Ohne dass hier genaue Aussagen für die Zeit nach der Operation getroffen werden können, dauert es bei den meisten Patienten etwa 10 bis 12 Tage von einer Triple-Osteotomie bis zur Entlassung aus der Klinik.

    Während des stationären Aufenthaltes leiten Physiotherapeuten den Patienten an, welche Übungen er bereits ab dem 2. Tag im Bett selbständig zur Kräftigung durchführen kann. Nach ein paar Tagen bereiten Übungen mit Krücken und Treppensteigen den Patienten auf die Entlassung vor.

    Die ersten 6 Wochen nach der Operation darf die Hüfte nicht über 60 Grad gebeugt werden. Sitzen ist also in dieser Zeit nicht möglich. Ab der 7. Woche darf der Patient seine Hüfte in einen 90-Grad-Winkel bringen. Die gesamten 12 Wochen nach der Operation ist eine vollständige Entlastung der operierten Hüftseite notwendig. Erst nach 3 bis 4 Monaten kann eine vorwiegend sitzende Tätigkeit im Büro oder am Computer wieder aufgenommen werden.

    Häufige Patientenfragen zur Hüftdysplasie an Dr. Martin Rinio von der Gelenk-Klinik

    Was passiert, wenn man eine Hüftdysplasie nicht behandelt?

    Eine unbehandelte angeborene Hüftdysplasie, die nicht oder nur unzureichend behandelt wurde, kann gravierende Folgen im Erwachsenenalter haben: Durch eine Fehlstellung im Hüftgelenk können sich Knochen und Knorpel vorzeitig abnutzen und für einen sehr frühen Arthrosebeginn verantwortlich sein. Die Betroffenen leiden unter starken Schmerzen im Hüft- und Leistenbereich, die sich bei Belastung noch verschlimmern. Mit der Zeit ist sogar kurzes Stehen oder Laufen für die Patienten unmöglich. Außerdem kann sich wegen einer unterschiedlichen Beinlänge die Wirbelsäule verkrümmen. Man spricht dann von einer Skoliose. Auch unspezifische Knie-, Rücken-, Nacken- und Kopfschmerzen können Spätfolgen einer unbehandelten Hüftdysplasie sein.

    Welche Sportarten darf ich mit Hüftdysplasie ausüben?

    Orthopäden raten Menschen mit Hüftdysplasie zu Sportarten und Aktivitäten, die gelenkschonend sind und bei denen möglichst wenige abrupte Abbrems- und Drehbewegungen vorkommen. Zu den geeigneten Sportarten zählen zum Beispiel Radfahren, Gymnastik und Schwimmen ‒ aber nur Kraul- und Rückenschwimmen wegen der Scherbewegungen im Gelenk. Am besten halten Patienten Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt, bevor sie mit ihren sportlichen Aktivitäten nach einer Behandlung oder Operation wieder starten. Manchmal ergibt sich auch die Möglichkeit, eine ganz neue Sportart auszuprobieren wie Bogenschießen, Segeln oder Skilanglauf.

    Patienten mit Hüftdysplasie sollten Ball- und Wurfsportarten sowie Kampfsport und Sprungdisziplinen lieber meiden, da hier das Hüftgelenk zu stark belastet wird.

    Wie kann ich die Schmerzen bei einer Hüftdysplasie lindern?

    Erwachsene mit Hüftdysplasie sollten unbedingt einen Termin bei einem orthopädischen Hüftspezialisten machen, der mit ihnen nach ausführlicher Diagnostik die Behandlungsmöglichkeiten bespricht. In den meisten Fällen wird der Arzt einen operativen Eingriff empfehlen. Ein paar Verhaltensregeln helfen den Betroffenen, in gewissem Umfang selbst gegen die Schmerzen anzugehen:

    • Belastungen möglichst abwechslungsreich gestalten, oft zwischen Stehen und Gehen abwechseln
    • keine großen Lasten heben oder tragen
    • auf ein normales Körpergewicht achten
    • Schlafen und Liegen auf der kranken Körperseite vermeiden
    • für möglichst hohe Sitzposition sorgen, zum Beispiel mit speziellen Toilettensitzen
    • stoßdämpfende Einlagen in den Schuhen verwenden
    • regelmäßig gelenkschonenden Sport treiben, beim Wandern die Walkingstöcke nicht vergessen

    Wie sind Ihre Erfahrungen mit einer Operation bei Hüftdysplasie?

    In der Gelenk-Klinik stellen sich jährlich dutzende von Patienten in unserer Sprechstunde vor, die unter den Spätfolgen einer Hüftdysplasie leiden. Welchen operativen Eingriff wir für den Patienten wählen hängt vom Schweregrad der Dysplasie und von der Beteiligung der Gelenkflächen ab. Der Gelenkerhalt hat für uns oberste Priorität.

    Ein geeignetes Verfahren ist die Triple-Osteotomie, die infrage kommt, wenn die Gelenkflächen noch gut erhalten sind. Diese Operation ist zwar anspruchsvoll und vergleichsweise langwierig, kann aber den Leistenschmerz und die Bewegungseinschränkungen in der Regel vollständig beheben. Die Patienten können nach der Heilungsphase wieder uneingeschränkt am beruflichen und sportlichen Leben teilhaben.

    Bei bereits bestehender Arthrose im Hüftgelenk besteht die Möglichkeit, den Patienten mit einer Hüft-Teilprothese oder einer Hüft-Totalendoprothese zu Schmerzfreiheit zu verhelfen. Je nachdem, ob nur eine oder beide Gelenkflächen von Arthrose betroffen sind, wird entsprechend der operative Eingriff geplant. Der Einsatz einer Hüftprothese hat unserer Erfahrung nach für die Patienten weitreichende positive Effekte auf ihre wiedererlangte Beweglichkeit und die gesteigerte Lebensqualität.

    Welche Schuhe eignen sich für Menschen mit Hüftdysplasie?

    Als schonend für das Hüftgelenk haben sich stoßdämpfende Einlagen in den Schuhen erwiesen. Sie federn die Belastungen, die bei jedem Schritt auf das Gelenk einwirken, gut ab, sofern man sie regelmäßig erneuert. Falls eine deutliche Beinlängendifferenz besteht, sollten Betroffene sich von ihrem Arzt orthopädische Einlagen verschreiben lassen.

    Welche Matratze ist die richtige bei Hüftdysplasie?

    Bei Menschen mit Hüftdysplasie ist die Wahl der richtigen Matratze wichtig, um die Hüftgelenke zu entlasten. Sie sollten sich unbedingt in einem Fachgeschäft beraten lassen und eine Matratze wählen, die sich den unterschiedlichen Druckverhältnissen des Körpers optimal anpasst.

    Zusätzlich haben sich Seitenschläferkissen bei einer Hüftdysplasie bewährt. Sie werden zwischen die Beine geklemmt und sorgen dafür, dass das oben liegende, kranke Bein höher liegt. Das Hüftgelenk wird nicht zu stark gebeugt oder kippt nach vorne weg.

    Welcher Arzt untersucht eine Hüftdysplasie?

    Der erste Ansprechpartner für Schmerzen im Hüftbereich oder Auffälligkeiten bei Säuglingen ist der Hausarzt oder der Kinderarzt. Im Fall von schwerwiegenden Fehlstellungen ‒ insbesondere bei größeren Kindern oder Erwachsenen ‒ wird der behandelnde Arzt seinen Patienten zu einem orthopädischen Spezialisten für Hüfterkrankungen überweisen. Auch der direkte Gang zu den Experten der Gelenk-Klinik ist möglich, sowohl für Privatpatienten als auch für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen.

    Bin ich mit einer Hüftdysplasie arbeitsunfähig?

    Erwachsene Patienten mit einer Hüftdysplasie leiden häufig in sehr frühen Jahren an teilweise unerträglichen Hüftschmerzen, die es ihnen manchmal unmöglich machen, auch nur kurze Strecken zu gehen oder längere Zeit zu stehen. Erfahrungsgemäß sind unsere Patienten zwischen 20 und 40 Jahren alt, wenn sie mit Schmerzbeschwerden das erste Mal in unsere Praxis kommen. Sie haben dann schon einen langen Leidensweg und auch einige Krankheitsperioden hinter sich, in denen sie ihren Beruf nicht oder nur eingeschränkt ausüben konnten. Das Ausmaß der Arbeitsunfähigkeit ist abhängig von der beruflichen Tätigkeit. Der behandelnde Orthopäde wird mit den Patienten alle Möglichkeiten einer operativen Korrektur ihrer Hüftfehlstellung besprechen und ihnen Tipps für einen gelenkschonenden Arbeitsalltag an die Hand geben:

    • häufig abwechseln zwischen Stehen, Gehen und Sitzen
    • auf einen ergonomisch eingerichteten Arbeitsplatz achten
    • stoßdämpfende Einlagen in den Schuhen tragen
    • das Heben und Tragen von Lasten möglichst vermeiden

    Sollte ich mit einer Hüftdysplasie auf den Crosstrainer?

    Unsere Patienten sind geteilter Meinung, was den Einsatz eines Crosstrainers angeht: Den einen hilft der Crosstrainer bei der Gewichtsreduktion und sie können ihn ohne viel Aufwand jederzeit im eigenen Wohnzimmer nutzen. Die anderen kommen mit der etwas breiten Schrittstellung nicht zurecht. Auf jeden Fall sollte ein geringer Widerstand am Gerät eingestellt werden.

    Der Einsatz von Fitnessgeräten muss unbedingt mit einem erfahrenen Physiotherapeuten abgestimmt werden und sollte nur unter Aufsicht stattfinden. Sobald Schmerzen auftreten, muss die Aktivität sofort eingestellt werden.

    Kann ich mit einer Hüftdysplasie Fahrradfahren?

    Fahrradfahren fördert die Ausdauer, kräftigt die Beinmuskulatur und ist in der Gruppe ein geselliger und abwechslungsreicher Sport an der frischen Luft. Radfahren eignet sich hervorragend für Patienten mit Hüftdysplasie oder nach einer Hüftoperation, vorausgesetzt es werden nur leichte Anstiege bewältigt. Dann ist Radfahren sogar für Menschen mit künstlichen Hüftgelenken empfehlenswert. Steile Anstiege und auch Abfahrten sollte man wegen der starken Gelenkbelastung und der Unfallgefahren vermeiden.

    Darf ich mit Hüftdysplasie joggen?

    Joggen ist ein Sport, der die körperliche Ausdauer und eine Vielzahl an Muskeln trainiert. Gleichzeitig wirken aber bei jedem Schritt hohe Kräfte auf Knie- und Hüftgelenk. Wer mit dem Joggen erst beginnt, sollte unbedingt zuerst seine Muskeln kräftigen und damit die Gelenkstabilität erhöhen, am besten unter der Anleitung eines erfahrenen Physiotherapeuten. Daneben ist eine ausgiebige Aufwärmphase vor dem Laufen und die Wahl eines geeigneten Laufschuhs wichtig. Ein individuell angefertigtes Laufkonzept mit entsprechenden Gehphasen optimiert die zunehmende Belastungssteigerung. Sobald Schmerzen in der Hüfte auftreten, sollten die Betroffenen auf einen anderen, gelenkschonenden Sport ausweichen, zum Beispiel Wandern, Nordic Walking oder auch Aquagymnastik.

    Ist Krafttraining mit Hüftdysplasie möglich?

    Gezieltes Krafttraining bestimmter Muskelgruppen kann bei einer bestehenden Hüftdysplasie sehr hilfreich sein, um Muskeldysbalancen und damit einseitigen Muskelverkürzungen und Verspannungen entgegenzuwirken. Vorher führt der Orthopäde eine Ganganalyse beim Patienten durch, bei der er die individuellen Veränderungen im Detail feststellen kann. Die Ergebnisse der Ganganalyse lenken das Augenmerk auf diejenigen Muskeln, die besonders gekräftigt und trainiert werden müssen.

    Kann jahrelanges Reiten zu einer Hüftdysplasie führen?

    Unserer Erfahrung nach löst Reiten eine Hüftdysplasie nicht aus, kann aber bei einer bestehenden Erkrankung zu Schmerzen führen. Im Reitsport werden die Hüftgelenke über lange Zeit stark beansprucht. Dies kann belastungsbedingte Schmerzen im Leisten- oder Hüftbereich im Anschluss an eine Reitstunde auslösen. Die Betroffenen sollten dann unbedingt mit ihrem behandelnden Arzt über eine sportliche Alternative zum Reiten sprechen.

    Ist eine Hüftdysplasie vererbbar?

    Bei der angeborenen Hüftdysplasie, die bereits bei Neugeborenen besteht, konnten Forscher eine familiäre Häufung nachweisen. Das heißt, wenn die Eltern bereits an einer Hüftdysplasie erkrankt waren, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung des Kindes.

    Wenn in der Familie gehäuft Hüftdysplasie vorkommt, sollte man den Kinderarzt darauf hinweisen. Sicher wird er sehr frühzeitig einen Ultraschall der Hüftgelenke beim Säugling durchführen, um das Risiko für eine Hüftfehlstellung möglichst gering zu halten.

    Es existieren neben der genetischen Komponente viele weitere auslösende Faktoren für eine kindliche Hüftdysplasie. Dazu zählen beispielsweise wenig Fruchtwasser oder eine beengte Lage im Mutterleib, eine Zwillingsschwangerschaft oder die Beckenendlage des Kindes.

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