Der obere Fersensporn ist ein dornförmiger Knochenauswuchs am Fersenbein (Calcaneus) an der Rückseite der Ferse. Beim oberen Fersensporn handelt es sich um eine Verkalkung am Ansatz der Achillessehne.
Häufig tritt der obere Fersensporn zusammen mit einer Formabweichung des Fersenbeins auf, der sogenannten Haglundferse. Besonders in engen Schuhen mit harter Fersenkappe leiden Betroffene unter Fersenschmerzen am Rückfuß.
In den meisten Fällen behandeln die Fußspezialisten der Gelenk-Klinik den oberen Fersensporn mit konservativen Therapieansätzen. Selten ist ein operativer Eingriff zur Abtragung des Fersenbeins oder zur Sanierung der Achillessehne notwendig.
Was ist ein oberer Fersensporn?
Der obere Fersensporn ist im Röntgenbild gut sichtbar als dornartiger Knochenanbau am Sehnenansatz der Achillessehne. Der obere Fersensporn ist seltener als der untere (plantare) Fersensporn, bei dem sich der knöcherne Dorn fußsohlenseitig am Fersenbein am Ansatz der Plantarsehne befindet.
Zum Spezialartikel
Unterer Fersensporn (Plantarfasziitis): Schmerzen an der Fußsohle
Begriffsklärung rund um den unteren Fersensporn:
- Fersensporn (Calcaneussporn): im Röntgenbild sichtbarer Kalkdorn am Fersenbein in der Nähe eines entzündeten Sehnenansatzes
- Oberer Fersensporn: Kalksporn an der Rückseite des Fersenbeins oben am Ansatz der Achillessehne
- Achillessehne: Die stärkste Sehne im menschlichen Körper verbindet die Wadenmuskulatur mit dem Fersenbein. Mithilfe der Achillessehne können wir den Fuß vom Boden abdrücken, laufen und springen.
- Haglundferse: Weichteilentzündung aufgrund einer knöchernen Vorwölbung (Überbein) am Fersenbein, 2–3 cm oberhalb des beim oberen Fersensporn betroffenen Achillessehnenansatzes.
Der obere Fersensporn ist das röntgenologische Zeichen für eine Erkrankung des Sehnenansatzes (Enthese) der Achillessehne. Sehnenansatzerkrankungen nennt man in der Medizin auch Enthesiopathien.
Es gibt Patienten, die trotz eines deutlich sichtbaren oberen Fersensporns keine Fersenschmerzen oder Beschwerden haben. Dagegen gibt es eine Vielzahl an Ursachen für obere Fersenschmerzen, auch ohne den Nachweis des Fersensporns. Der Fußspezialist klärt diese möglichen Auslöser individuell ab und passt seine Behandlung an die exakte Diagnose an.
Symptome des oberen Fersensporns: Schmerzen an der Achillessehne
Der obere Fersensporn verursacht eher selten und nur unter bestimmten Bedingungen Beschwerden:
- Obere Fersenschmerzen in Schuhen mit hoher, enger oder harter Fersenkappe
- Belastungsabhängiger Fersenschmerz, der bei Schuhwechsel und in Ruhepausen verschwindet
- Druckschmerz hinten am Fersenbein
- Rötung und Schwellung im Bereich des Achillessehnenansatzes
Patienten beschreiben ihre Fersenschmerzen als stechend. Sie vermeiden schmerzbedingt die Abrollbewegung beim Gehen so weit wie möglich. Der Ursprung der Achillessehne hinten am Fersenbein ist druckschmerzhaft und reagiert sehr empfindlich auf Berührung.
Betroffenen hilft meist der Wechsel oder der Verzicht auf Schuhe, sodass dieser zusätzliche Druck auf die Achillessehne wegfällt.
Ursachen des oberen Fersensporns
Risikofaktoren für einen oberen Fersensporn
- Haglundferse (Haglundexostose)
- Fußfehlstellung wie ein Hohlfuß
- Verkürzte Wadenmuskulatur und dadurch erhöhte Zugkraft auf der Achillessehne
- Ungeeignetes Schuhwerk mit zu hoher oder zu harter Fersenkappe
Grundlage der Schmerzen und des manchmal radiologisch sichtbaren Kalksporns am Sehnenansatz ist in der Regel eine entzündliche Grunderkrankung des Achillessehnenansatzes am Fersenbein und nicht der Fersensporn selbst.
Der obere Fersensporn ist eine Reaktion auf eine dauerhafte Überlastung des Achillessehnenansatzes. Ein übermäßig ausgeprägtes Überbein am Fersenbein (Haglundferse) setzt die Achillessehne genauso unter eine verstärkte Zugspannung wie ein Hohlfuß. Patienten mit Hohlfuß berühren nur mit Ferse und Fußballen den Boden, die Fußsohle bildet dazwischen einen Bogen mit erhöhtem Fußgewölbe. Ein Hohlfuß kann angeboren oder im Laufe des Lebens erworben werden und zu einem besonders stark nach hinten hervortretenden Fersenbein führen. Diese Haglundferse drückt mechanisch auf die Achillessehne und die sie umgebenden Schleimbeutel und kann obere Fersenschmerzen verursachen.
Verstärkt wird die Kraftwirkung auf die Achillessehne durch eine möglicherweise verkürzte, untrainierte Wadenmuskulatur sowie Schuhe, die zusätzlich die Fersenregion reizen und zum chronischen Entzündungszustand des Sehnenansatzes beitragen.
Untersuchung und Diagnose des oberen Fersensporns
Vor Behandlungsbeginn schließt der Fuß- und Sprunggelenksexperte andere Fuß- und Sehnenerkrankungen als Ursache der Fersenschmerzen des Patienten aus (Differentialdiagnose). Dazu führt er eine ausführliche Befragung des Patienten (Anamnese) hinsichtlich seiner Schmerzen, Lauf- und Sportgewohnheiten und dem bevorzugten Schuhwerk durch. Bewegungsproben und manuelles Abtasten ergänzen die klinische Untersuchung.
Diffentialdiagnose des oberen Fersensporns
- Knochenödem:
Ein Knochenödem ist eine schmerzhafte Flüssigkeitseinlagerung im Fersenbeinknochen, das sich beispielsweise durch Druck und Überlastung bilden kann. - Schleimbeutelentzündung (Bursitis) im Fersenbereich:
Eine schmerzhafte Reizung der Schleimbeutel im Bereich der Achillessehne kann durch Schuhdruck bei einer Haglundexostose entstehen. - Kalkdepots in der Achillessehne:
Einlagerung von Kalk durch mechanische sekundäre Reizungen in den Ansatz der Achillessehne - Haglundferse:
Formabweichung des Fersenbeins, das nach hinten heraussteht. Die Haglundferse ist angeboren, erworben oder durch Fußfehlstellungen wie z. B. Hohlfuß verursacht.
Oberer Fersensporn oder Haglundferse?
Der obere Fersensporn ist eine Erkrankung des Sehnenansatzes (Insertionstendinopathie) der Achillessehne am Fersenbein. Er ist zu unterscheiden von einem oberen Fersenschmerz, der auch als Haglundexostose oder Haglundferse bezeichnet wird. Die Haglundexostose ist ein Überbein – eine angeborene oder auch erworbene knöcherne Vergrößerung des oberen Fersenbeins. Sie entsteht durch mechanische Belastung, vor allem durch Schuhdruck. Die von der Haglundferse betroffene Wölbung des Fersenbeins liegt etwas oberhalb des vom oberen Fersensporn betroffenen Sehnenansatzes der Achillessehne.
Durch die Knochenvorwölbung an der Ferse kommt es bei der Haglundferse zu einer vermehrten Reizung der darüberliegenden Weichteile. Diese betroffenen Weichteile sind die Haut und der Schleimbeutel zwischen Achillessehne und Fersenbeinknochen (Bursa subachillea). Auch der Schleimbeutel zwischen Achillessehne und Haut (Bursa subcutanea calcanea) kann sich zu einer Schleimbeutelentzündung (Achillobursitis) entwickeln. Oft bedeckt Hornhaut den schmerzenden Fersenbereich.
Oberer Fersensporn oder Achillodynie?
Der obere Fersensporn unterscheidet sich von der Achillessehnenentzündung (Achillodynie) durch seine Lage: Die Achillodynie beginnt 3–5 cm oberhalb des Achillessehnenansatzes. Der Fersensporn ist 2–3 cm unterhalb der Achillessehnenbereiche lokalisiert, die von einer Achillodynie betroffen sind.
Bildgebende Verfahren: Röntgen und Ultraschall
Den Befund der klinischen Untersuchung ergänzt der Orthopäde individuell mit bildgebenden Verfahren. Im Röntgen stellen sich eine mögliche Fersenfehlstellung oder eine Haglund-Deformation dar.
Das Ultraschallbild zeigt den Zustand und eventuelle Schädigungen oder Risse der Achillessehne und der benachbarten Schleimbeutel. Während des Therapieverlaufs dient die Ultraschalluntersuchung dazu, den Rückgang der Entzündung zu beobachten.
Konservative Behandlung vom oberen Fersensporn
Den meisten Patienten mit oberem Fersensporn können die Fußexperten der Gelenk-Klinik mit einer Kombination aus konservativen Maßnahmen erfolgreich helfen:
- Versorgung mit orthopädischen Einlagen zur Stützung des Fußgewölbes und Fersenpolstern
- Physikalische Therapiemethoden wie zum Beispiel Kälteanwendungen: Linderung der Entzündung und Verringerung der Schmerzen durch eine herabgesetzte Durchblutung.
- Elektrotherapie: Anwendung verschiedener elektrischer Stromarten, um Muskeln gezielt zu kräftigen und die Schmerzweiterleitung zu beeinflussen.
- Phonophorese und Iontophorese: Verbesserte Aufnahme von Wirkstoffen über die Haut mithilfe von Schallwellen bzw. schwachen elektrischen Strömen.
- Stoßwellentherapie: Mit energiereichen Wellen können Kalkablagerungen und Sehnenentzündungen ohne operativen Eingriff behandelt werden.
- Ultraschalltherapie: Therapeutisch angewendeter Ultraschall erzeugt Vibrationen und Wärme und fördert die Selbstheilung des Gewebes.
- Zellbiologische Regulationstherapie (ZRT®-Matrix-Therapie) bei Fersensporn: Durch biomechanische Muskelstimulation können Durchblutungsstörungen, Schwellungen und Muskelungleichgewichte behandelt werden.
- Physiotherapeutische Übungen zur Dehnung und Kräftigung von Muskeln und Sehnen
Was können Sie selbst tun gegen Schmerzen bei oberem Fersensporn?
Bei leichten Beschwerden helfen Ihnen folgende Maßnahmen gegen den Fersenschmerz:
- Kühlen der schmerzenden Ferse
- Schonen, Belastung reduzieren und Sportpause einlegen
- Einnahme von schmerzstillenden, entzündungshemmenden Medikamenten (NSAR)
- Tragen bequemer Schuhe mit gepolsterter Fersenkappe
- Regelmäßige Fußgymnastik, um die Fuß- und Wadenmuskulatur zu stärken und zu dehnen
Operative Behandlung des oberen Fersensporns
Einen operativen Eingriff ziehen die Fußspezialisten der Gelenk-Klinik nur in Betracht, wenn die konservativen Therapien keine Verbesserung der Schmerzsymptomatik brachten oder eine stark ausgeprägte Fußdeformität (Haglundferse) beim Patienten besteht.
Folgende Operation werden nach sorgfältigem Abwägen durch die Orthopäden der Gelenk-Klinik durchgeführt:
- Operation der Haglundexostose: Meist offene Abtragung des Knochenüberstandes am Fersenbein (Haglundexostose).
- Gleichzeitige Beurteilung und evtl. Mitbehandlung der Achillessehne: Geschädigte Sehnenanteile werden vom Operateur entfernt (Debridement) und gesunde Anteile durch eine Naht verstärkt. Gleichzeitig können entzündete Schleimbeutel im Bereich der Achillessehne abgetragen werden.
- In manchen Fällen empfielt sich eine Knochenumstellung des Fersenbeins, um die Achillessehne weitgehend zu schonen. Dieses Verfahren nennt man Zadeck-Operation.
Da knocherne und bindegewebige Strukturen im Fersenbereich eng beieinander liegen und ein optimaler Bewegungsablauf von einem ungestörten Zusammenspiel abhängt, sollte ein erfahrener Fußchirurg diese Eingriffe vornehmen.
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