1. Was ist ein Kugeltalus und wie entsteht er?
  2. Welche Folgeschäden können sich bei einem Kugeltalus entwickeln?
  3. Welche Beschwerden werden durch einen Kugeltalus verursacht?
  4. Wie wird der Kugeltalus behandelt?
  5. Häufig gestellte Fragen zum Kugeltalus an Dr. med. Thomas Schneider von der Gelenk-Klinik
Fußuntersuchung Wie bei allen Problemen mit dem Fuß ist auch beim Verdacht auf einen Kugeltalus vor dem Röntgen, einer digitalen Volumentomographie oder einer Ganganalyse die gründliche Inspektion und Untersuchung des Fußes erforderlich.© Gelenk-Klinik

Der Kugeltalus ist eine seltene angeborene Fehlbildung des Sprungbeins (Talus), die zu einer erhöhten Instabilität des Sprunggelenks führt. In der Folge steigt bei den Betroffenen das Risiko für Umknickverletzungen (Supinationstraumata). Außerdem kann es durch die Fehlstellung zu Folgeschäden an Sehnen, Knochen und Bändern kommen. Die Behandlung des Kugeltalus besteht je nach Ausmaß und Beschwerden in der Stabilisierung des Sprunggelenks, z. B. mit Orthesen oder operativ.

Was ist ein Kugeltalus und wie entsteht er?

Talus von hinten Ansicht eines gesunden rechten Fußes von der Ferse aus. Der Talus ist der Gelenkpartner der Sprunggelenksgabel (Malleolengabel) im oberen Sprunggelenk. Nach unten ist der Talus über das untere Sprunggelenk mit dem Fersenbein (Calcaneus) verbunden. Nach vorne bildet der Talusknochen Gelenke mit den Knochen der Fußwurzel.. © Viewmedica

Beim Kugeltalus handelt es sich um eine seltene anatomische Variante des Sprungbeins (Talus). Das Sprungbein bildet zusammen mit dem Schienbein (Tibia) und dem Wadenbein (Fibula) das obere Sprunggelenk. Tibia und Fibula bilden dabei eine Art Gabel, die Sprunggelenksgabel. In der Gabel sitzt der obere Teil des Sprungbeins mit seiner Gelenkfläche, der Sprungbeinrolle (Trochlea tali). Durch die Rollenform kann sich das Sprungbein in der Sprunggelenksgabel vor und zurück bewegen, wobei der Fuß gehoben und gesenkt wird.

Statt der normalen Rolle weist das Sprungbein (Talus) beim Kugeltalus eine kuppel- oder halbkugelartige Verformung auf. Entsprechend dazu ist die Gelenkfläche des Schienbeins, die mit dem Sprungbein korrespondiert, ausgebildet. Auch Außen- und Innenknöchel passen sich an die veränderte Gelenkform an und sind häufig etwas plumper.

DVT-Aufnahme eines Kugeltalus Kugeltalus in einer digitalen Volumentomographie (DVT). Zu sehen ist ein rechter Fuß von vorne. In der Sprunggelenksgabel zwischen Wadenbein (Fibula, links) und Schienbein (Tibia, rechts) liegt das kugelig verformte Sprungbein (Talus). Der Restfuß steht in einer deutlich verkippten Stellung. © Gelenk-Klinik

Wie entsteht ein Kugeltalus?

Der Kugeltalus ist eine Entwicklungsstörung des Sprungbeins. Diese kann verschiedene Ursachen haben:

  • Genmutationen
  • Anpassung an andere, gleichzeitig bestehende Fußfehlbildungen, z. B. bei tarsale Koalitionen,
  • Verletzungen im Wachstumsalter
  • neurologische Störungen mit veränderten Muskelverhältnissen.

Welche Folgeschäden können sich bei einem Kugeltalus entwickeln?

MRT eines Kugeltalus mit Folgeschäden MRT-Bild eines Kugeltalus mit ausgeprägten Folgeschäden am Fuß. Zu erkennen sind Sehnenläsionen und eine stark verdrehte Ferse. © Gelenk-Klinik

Das in der Sprunggelenksgabel liegende Sprungbein (Talus) wird außer durch Bänder ausschließlich durch an ihm vorbeiziehende Sehnen geführt. Diese Sehnen zentrieren das Sprungbein auf dem Fuß. Ein korrekt geformter Talus gewährleistet die Stabilität und die Funktion des oberen Sprunggelenks, das wie ein Scharnier die Bewegung des Fußes auf und ab erlaubt.

Bei einem Kugeltalus ist die Gelenkgeometrie verändert, wodurch sich die Mechanik von einem Scharniergelenk in Richtung eines Kugelgelenks verschiebt. Das bedeutet, dass das obere Sprunggelenk eine vermehrte Beweglichkeit aufweist, insbesondere für die seitlichen Bewegungsrichtungen. Diese vermehrte Beweglichkeit muss durch Muskeln und Sehnen begrenzt und stabilisiert werden. Häufig kann dies viele Jahre ohne jegliche oder nur geringe Einschränkung erfolgen.

Im weiteren Verlauf kann dieser Zustand jedoch eine der vorhandenen Sehnen schädigen, was sich auf die Belastungssituation auswirkt. Durch die kugelige Form des Sprungbeins erfolgt dann eine sehr rasche Stellungsveränderung und Verkippung des Fußes. Dies lässt sich mit einem Lenkdrachen vergleichen, bei dem eine der Schnüre immer gummiartiger, weicher wird und im Verlauf ganz abreißt.

Weil Muskeln und Sehnen nicht mehr in der Lage sind, die Instabilität auszugleichen, sind Stabilität und gerade Haltung des Sprungbeins gefährdet. Ist keine Heilung der vorhandenen Dysbalance zwischen den Sehnen möglich, nimmt die Fehlstellung weiter zu. Je ausgeprägter sie wird, desto größer ist die Belastung von Sehnen und Knochen, womit weitere Gewebeschäden drohen.

Durch die Fehlstellung können im Verlauf auch die Bandstrukturen, die das Sprungbein in der Knöchelgabel stabilisieren, angegriffen werden. Das erhöht die Unsicherheit und die Instabilität im Sprunggelenk zusätzlich. Auch die Knochen und Gelenke leiden durch die Fehlstellung. Es droht die Entwicklung einer Sprunggelenksarthrose.

Welche Beschwerden werden durch einen Kugeltalus verursacht?

Umknicken eines instabilen Sprunggelenks. Bei einem Kugeltalus ist das Sprunggelenk instabil. Betroffene knicken leichter um oder sind unsicher beim Gehen oder Stehen. © jitendra jadhav, Adobe

Je nach Ausmaß der Verformung können Muskeln und Sehnen die durch den Kugeltalus verursachte Instabilität des oberen Sprunggelenks oft recht lange kompensieren. Viele Betroffene bemerken deshalb ihre Sprunggelenksanomalie über Jahre hinweg gar nicht. Manchmal wird ein vages Gefühl der Instabilität beschrieben. Ist nur ein Fuß betroffen, können die Schuhe unterschiedlich abgelaufen sein. Manche Patienten empfinden auch, dass ihre Füße weniger gut dehnbar oder in ihrer Bewegung eingeschränkt sind.

Wenn sich mit der Zeit aufgrund der Fußfehlstellung Folgeschäden entwickeln, kommt es meist zu deutlichen Beschwerden. Sie beruhen insbesondere auf der vermehrten Instabilität des Gelenks:

  • häufiges Umknicken,
  • Unsicherheit beim Stehen,
  • erschwertes Gehen auf unebenem Untergrund, vor allem ohne Sicht (nachts) und
  • Fußschmerzen oder Sprunggelenksschmerzenbei Belastung.

Wie wird der Kugeltalus behandelt?

Fußoperation Eine frühzeitige Behandlung des Kugeltalus minimiert das Risiko von Spätfolgen. © familylifestyle, Adobe

Ziel der Behandlung ist es, das obere Sprunggelenk zu stabilisieren und Folgeschäden zu vermeiden. Bei milden Beschwerden reicht dafür eine konservative Behandlung mithilfe von Orthesen und Physiotherapie oft aus.

Bei zunehmender Fehlstellung und hochgradigen Sehnenschäden ist eine fußchirurgische Operation zu erwägen. Gleiches gilt, wenn der Kugeltalus mit anderen Deformitäten verbunden ist, z. B. mit einer tarsalen Koalition. Zum Einsatz kommen je nach Befund verschiedene Verfahren, z. B.

Beispiel für eine Behandlung bei Kugeltalus mit Schädigung der Sehne des kurzen Wadenbeinmuskels

Die operative Therapie eines Kugeltalus muss immer für die Gesamtsituation am Fuß maßgeschneidert werden. Wird z. B. durch die Fehlstellung die Sehne des M. peronaeus brevis geschädigt, verändern sich die Zugverhältnisse der Sehnen an Unterschenkel und Fuß insgesamt stark. Vorfuß und Fersenbein kippen nach innen, was durch die Überspannung der langen Wadenbeinmuskelsehne noch verstärkt wird. Dies lässt sich in der ganganalytischen Untersuchung durch einen vermehrten Druck unter dem ersten Mittelfußknochen gut nachweisen.

Ein operativer Eingriff muss Fehlkippung und Fehlbelastung in der Abrollphase rückgängig machen. Bei gleichzeitigem Hohlfuß eignet sich dafür ein Sehnentransfer mit Versetzung des Sehnenansatzes. Die beschädigte oder gerissene kurze Wadenbeinmuskelsehne kann man z. B. durch die lange Wadenbeinmuskelsehne verstärken. Dazu verlagert der Fußchirurg die Sehne des langen Wadenbeinmuskels (M. peroneus longus) von der Innen- und Unterseite des Fußes nach außen an den fünften Mittelfußknochen.

Wird der Muskel angespannt (innerviert), kommt es dann nicht mehr zu einer vermehrten Kippung des Rückfußes und gleichzeitigen Innenkippung des Vorfußes. Stattdessen ist die Wirkung auf den Rückfuß neutral und der Vorfuß wird nach außen abgespreizt oder gekippt. Auf diese Weise vermindert der Sehnentransfer die pathologischen Zugverhältnisse nach einem Riss der Sehne des kurzen Wadenbeinmuskels. Zusätzlich stabilisiert die Verlagerung eventuell geschädigte Bänder im oberen Sprunggelenk.

Häufige gestellte Fragen zum Kugeltalus an Dr. med. Thomas Schneider von der Gelenk-Klinik

Welcher Arzt ist für die Behandlung des Kugeltalus zuständig?

Für die Operation eines Kugeltalus ist ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zuständig, insbesondere mit Spezialisierung auf Fuß- und Sprunggelenkchirurgie. Am besten wendet man sich an ein zertifiziertes Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie der Maximalversorgung (ZFSmax). Dort hat das gesamte Team die notwendige Expertise und Erfahrung, um die komplexen anatomischen und funktionellen Anforderungen bei Operationen am oberen Sprunggelenk zu bewältigen.

Ist ein Kugeltalus gefährlich?

Der Kugeltalus ist eine knöcherne Fehlbildung, die zunächst oft unbemerkt bleibt. Ihr Hauptproblem ist die vermehrte Instabilität des Sprunggelenks, wodurch es häufiger zum Umknicken und zu Fußverletzungen kommt. Außerdem können sich durch die Deformation Folgeschäden an Sehnen und Bändern entwickeln, die auf lange Sicht starke Beschwerden verursachen.

Kommt ein Kugeltalus immer beidseitig vor?

Je nach Ursache (angeboren, Verletzungen) kann der Kugeltalus ein- und beidseitig auftreten.

Muss ein Kugeltalus immer operiert werden?

Ob ein Kugeltalus operiert werden muss, hängt von seinem Ausmaß, den Beschwerden und etwa vorhandene Begleitfehlbildungen wie tarsale Koalitionen ab. Auch ist es wichtig, das Risiko für Folgeschäden zu beurteilen. In der Gesamtschau dieser Faktoren wird der Fußspezialist entweder eine Operation oder ein konservatives Vorgehen empfehlen.

Literatur
  • Bambach, T. (2012). Spaltfuß lässt 47-jährigen Patienten immer wieder umknicken: Angeborene Fehlbildung bereitet zunehmend Probleme. Orthopädie & Rheuma, 15(1), 72-72.
  • Hefti, F. (2006). Andere angeborene Anomalien am Fuß. Kinderorthopädie in der Praxis, 392-405.
  • Hefti, F. (2008). Malformations of the lower extremities. Der Orthopäde, 37, 381-402.