1. Was ist ein Osteoidosteom?
  2. Welche Symptome haben Patienten mit Osteoidosteom?
  3. Wo entstehen Osteoidosteome im Körper?
  4. Diagnose: Wie untersucht der Spezialist ein Osteoidosteom?
  5. Therapie: Wie behandelt der Spezialist das Osteoidosteom?

Was ist ein Osteoidosteom?

Schemazeichnung eines ossären Osteoidosteoms. Schemazeichnung eines ossären Osteoidosteoms. Typisch für ein Osteoidosteom ist die zentrale kleine Aufhellung (Nidus), die von einer massiven Sklerosierung und Verdickung der Knochenrinde umgeben ist. Der Nidus ist stark durchblutet. © Gelenk-Klinik

Das Osteoidosteom ist ein gutartiger (benigner) Knochentumor, der vor allem bei jungen Heranwachsenden entsteht. Eine maligne Entartung (Bösartigkeit) tritt beim Osteoidosteom nicht auf.

Das Osteoidosteom wurde erstmals im Jahr 1935 beschrieben und hat ein charakteristisches Aussehen in der radiologischen Bildgebung. Der Spezialist diagnostiziert durch Computertomographie (CT) oder Digitaler Volumentomographie (DVT) im betroffenen Knochen die stark aufgetriebene äußere Schicht (Kortikalis) mit einer massiven Verdichtung (Sklerose). Das Zentrum der Sklerose erscheint aufgehellt. Dieser Bereich wird als Nidus bezeichnet und ist stark durchblutet.

Das Wort Osteoidosteom setzt sich zusammen aus den Begriffen Osteoid (lat. knochenbildende Substanz) und Osteom (lat. gutartiger Knochentumor) und bedeutet wörtlich: gutartiger Knochentumor, der Knochensubstanz bildet.

Wer ist von einem Osteoidosteom betroffen?

Tumorerkrankungen im Bereich des Bewegungsapparates sind insgesamt selten. Etwa 10 % aller gutartigen Knochentumore des Menschen sind Osteoidosteome. An Fuß und Sprunggelenk macht das Osteoidosteom 2 bis 11 % aller Tumore aus.

Der Osteoidosteom entsteht typischerweise in der Phase des stärksten Knochenwachstums in den ersten beiden Lebensjahrzehnten. Männliche Heranwachsende sind etwa 2-3 mal häufiger von einem Osteoidosteom betroffen als Frauen.

Osteoidosteome an Fuß oder Sprunggelenk entwickeln sich häufig erst im höheren Lebensalter. Das Vorkommen dieses Knochentumors bei Älteren kann unter anderem mit einer Tumorneubildung (Rezidiv) nach einer nicht vollständigen operativen Entfernung zusammenhängen.

Welche Symptome haben Patienten mit Osteoidosteom?

Typische Ruheschmerzen im Knochen beim Osteoidosteom Bei einem Osteoidosteom treten typischerweise Knochenschmerzen in Ruhephasen und in der Nacht auf. © kittima, Adobe

Patienten mit einem Osteoidosteom beschreiben typische Beschwerden: ausgeprägte Ruheschmerzen, die sich nach Einnahme von Schmerzmitteln aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) sofort bessern.

Diese schnelle Besserung der Nacht- und Ruheschmerzen unabhängig von der Lokalisation des Tumors ist charakteristisch und liefert den Spezialisten der Gelenk-Klinik einen bereits sicheren Hinweis für das Vorliegen des Knochentumors.

Mediziner nehmen an, dass diese charakteristischen Knochenschmerzen am ehesten durch die wechselnde Blutfüllung der Gefäße im zentralen Bereich des Tumors (Nidus) ausgelöst werden. Das Osteoidosteom produziert bestimmte Gewebshormone (Prostaglandine), die die Durchblutung durch Erweiterung der Blutgefäße (Vasodilatation) im Tumor fördern, die Schmerzwahrnehmung verstärken und entzündungsfördernd wirken. Neben den typischen Ruheschmerzen können die Betroffenen deshalb auch unter entzündlichen Veränderungen in den benachbarten Gelenken leiden. Dieser Mechanismus innerhalb des Osteoidosteoms erklärt die schnelle Wirkung von entzündungshemmenden Schmerzmittel, die u.a. die Bildung von Prostaglandinen hemmen.

Charakteristische Schmerzen beim Osteoidosteom:

Knochenschmerzen in Ruhe, die nach Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), z.B. Aspirin, Ibuprofen, sofort abklingen.

Ist ein Osteoidosteom direkt in einem Gelenk lokalisiert, beschreiben die Patienten eher selten nächtliche Schmerzen. Entzündliche Veränderungen des Gelenks mit Gelenkschmerzen, Schwellung und Bewegungseinschränkungen stehen hier im Vordergrund.

Wo entstehen Osteoidosteome im Körper?

Besonders betroffen sind die langen Röhrenknochen der Beine. 50 % der Osteoidosteome entstehen am Oberschenkelknochen (Femur) und am Schienbein (Tibia). Selten werden das Fußskelett, das Handskelett oder die hinteren (posterioren) Anteile der Wirbelkörper im Bereich der Wirbelsäule befallen. Prinzipiell kann der Knochentumor an jedem Knochen des menschlichen Körpers auftreten.

Man unterscheidet die Osteoidosteome nach ihrer Lage im Knochen:

  • ossäre Osteoidosteome: betreffen die langen Röhrenknochen, vor allem im Randbereich (Kortikalis) des Knochenschafts (Diaphyse).
  • artikulärer Osteoidosteome: treten in den Gelenk auf und verursachen Gelenkentzündungen.
  • juxtaartikuläre Osteoidosteome: treten in Gelenknähe auf, hpts. in kleinen Knochen.

Sonderfall: Osteoidosteome am Fuß

Osteoidosteome am Fuß werden aufgrund ihrer Seltenheit häufig erst spät diagnostiziert. Die Patienten erwachen in der Nacht aufgrund starker Schmerzen an Fuß oder Sprunggelenk.

Obwohl das Osteoidosteom am Fuß eine Besonderheit ist, sollte der untersuchende Arzt diese Verdachtsdiagnose als Ursache von Sprunggelenkschmerzen und Fußschmerzen frühzeitig in Betracht ziehen, um dem Patienten einen unnötigen längeren Leidensweg zu ersparen.

Die Fußspezialisten der Gelenk-Klinik behandeln vor allem Betroffene mit Osteoidosteomen im Bereich des Sprungbeins (Talus) oder des Fersenbeins (Calcaneus). Die Tumore können im Gelenk (artikulär) oder am Gelenk (juxtaartikulär) liegen. Häufig haben die Patienten bereits eine längere Leidensgeschichte hinter sich, da das Osteoidosteom trotz massiver Beschwerden bisher nicht erkannt wurde oder die Behandlung nicht erfolgreich war. Unsere Fußspezialisten führen die spezielle perkutane arthroskopische Therapie bei Knochentumoren im Fussbereich mit langfristigem Erfolg durch.

Osteoidosteoms am Sprungbeinhals (Talushals) Abbildung eines Osteoidosteoms am Sprungbeinhals (Talushals). Die unteren beiden Bilder zeigen den Tumor im konventionellen Röntgen: Die in den Kreisen sichtbare Knochenveränderung ist eher unscheinbar, belastet den Patienten aber durch starke Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit. Die beiden oberen Abbildungen einschließlich der drei Detailaufnahmen zeigen die sehr fein auflösenden Bilder der Digitalen Volumentomographie (DVT) und sichern die Diagnose eindeutig. © Gelenk-Klinik

Diagnose: Wie untersucht der Spezialist ein Osteoidosteom?

Im Anamnesegespräch beschreiben die Betroffenen dem behandelnden Arzt fast immer den charakteristischen Nachtschmerz mit deutlicher vorübergehender Besserung nach Einnahme von Schmerzmittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), z.B. Aspirin.

Für den Spezialisten ist dies bereits eine wichtige Einstiegsdiagnostik und kann, wenn seitens der Krankengeschichte des Patienten nichts dagegen spricht, auch als wegweisender Test genutzt werden (sogenannter Aspirin-Test).

Die zielgerichtete Diagnostik führt der Spezialist mittels konventionellem Röntgen und Computertomografie (CT) durch, welche die knöchernen Veränderungen gut darstellen. Die Spezialisten der Gelenk-Klinik nutzen zusätzlich die Digitale Volumentomographie (DVT). Die DVT bietet eine sehr gute Auflösung und hat im Vergleich zur CT eine geringere Strahlenbelastung.

Die typischen radiologischen Merkmale beim Osteoidosteom befinden sich in der harten äußeren Knochenschicht (Kortikalis) zwischen Diaphyse (Knochenschaft) und Metaphyse. Dies ist der Übergangsbereich am langen Röhrenknochen zum Gelenkbereich.

Die Kortikalis des betroffenen Knochens ist deutlich verdichtet und bis zu 2 cm verdickt. Man spricht von Sklerosierung. 85 % der Osteoidosteome besitzen im Inneren dieser Verdichtung eine charakteristische, scharf abgegrenzte Aufhellung, den sogenannten Nidus.

Differentialdiagnosen zum Osteoidosteom

Bei dem Verdacht auf ein Osteoidosteom am oder im Gelenk kann der Spezialist zur Diagnostik zusätzlich eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchführen. Dieses Verfahren stellt besonders gut begleitenden Weichteilveränderung und Begleitschäden am Gelenk wie Schleimhautentzündungen, Entzündungen der Gelenkkapsel oder der umliegenden Sehnen dar.

Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist eine MRT ohne Strahlenbelastung ein geeignetes Verfahren. Der Nachweis eines Osteoidosteoms gelingt in der MRT zu 65 %, bei intraartikulärer Lage liegt die Erkennungsrate bei nur 50 %.

Spezielle Fragestellungen zu Stoffwechselaktivitäten im Knochen kann der Spezialist außerdem durch eine SPECT-Aufnahme (Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie) abklären.

Wie behandelt der Arzt das Osteoidosteom?

Unbehandelt kann sich das gutartige Osteoidosteom spontan zurückbilden. Die Rückbildung dauert allerdings bis zu 15 Jahren.

Nach Diagnose eines Osteoidosteoms ist eine adäquate Schmerztherapie zunächst vorrangig, um die Beschwerden der Betroffenen zu lindern. Als Dauergabe ist eine Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) aufgrund von Nebenwirkungen nicht geeignet.

Die Entfernung des Nidus und damit der Schmerzursache ist die Therapie der Wahl.

Radiologische Therapie des Osteoidosteoms

Ossäre Osteoidosteome im Knochenschaft werden heute sicher und risikoarm durch Radiofrequenzablation behandelt. Der Eingriff erfolgt minimalinvasiv computertomographisch (CT) oder magnetresonanztomographisch (MRT) gesteuert. Dabei bohrt der Spezialist den Knochen unter kontinuierlicher Bildsteuerung mit einem sehr dünnen Bohrer an und verkocht den Tumor anschließend (Radiofrequenzablation). Alternativ kann ein Osteoidosteom auch erfroren werden (Kryotherapie). Diese modernen Verfahren sind schonend, haben aber eine höhere Rezidivrate als die komplette chirurgische Entfernung des Nidus.

Sie in erster Linie bei außerhalb der Gelenke liegenden Osteoidosteomen erfolgreich. Die CT-gesteuerte Ablation setzt den Patienten und den behandelnden Arzt außerdem ionisierender Röntgenstrahlung aus.

Operative Therapie des Osteoidosteoms

Operativ soll der Nidus im Zentrum des Osteoidosteoms vollständig entfernt oder zerstört werden. Ausbohrung, Auskratzen oder Kürettage des Knochens oder die komplette Entfernung des Nidus mit einem Knochenblock und Knochenersatz sind erfolgreiche operative Behandlungsmethoden bei im Knochenschaft liegenden Tumoren.

Ein gelenknahes oder im Gelenk liegendes Osteoidosteom am Fuß entfernt der Spezialist gezielt minimalinvasiv durch eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) am Sprunggelenk.

Die Behandlung der Osteoidosteome im Fuß- und Sprunggelenk ist eine Domaine der speziellen orthopädischen Fußchirurgie

Die meisten Osteoidosteome an Fuß und Sprunggelenk findet man am Hals des Sprungbeinknochens (Talushals).

Die perkutane Radiofrequenzablation ist am Fuß nicht ausreichend, weil der Nidus meist eine Verbindung ins Gelenk hat. Dies führt zu Gelenkreizungen und zu klassisch belastungsabhängigen Beschwerden mit Schwellung im oberen oder unteren Sprunggelenk (OSG und USG).

Die Fußspezialisten operieren Tumore bei sprunggelenknaher Lage erfolgreich arthroskopisch navigiert, d.h. unter Kamerasicht während einer Gelenkspiegelung (Sprunggelenksarthroskopie). Der Operateur benötigt vor allem bei der Lage des Nidus auf der Unterseite des Sprungbeins viel Erfahrung. Der Eingriff sollte durch einen Fußspezialisten mit genauer Kenntnis der besonderen Anatomie erfolgen. Zur präoperative Planung nutzt der Spezialist 3D-Abbildungen des Fußes durch die Digitale Volumentomographie (DVT).

Literatur
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