1. Was ist ein Muskelbündelriss?
  2. Welche Muskeln sind häufig von einem Muskelbündelriss betroffen?
  3. Symptome: Woran erkennt man einen Muskelbündelriss?
  4. Ursachen: Wie kommt es zu einem Muskelbündelriss?
  5. Behandlung: Was kann man bei einem Muskelbündelriss tun?
  6. Häufig gestellte Fragen zum Muskelbündelriss an PD Dr. Bastian Marquaß von der Gelenk-Klinik
Frau auf einer Laufbahn hält sich die schmerzende Wade. Ein Muskelbündelriss entsteht meist durch eine plötzliche Überdehnung oder Krafteinwirkung. © leszekglasner, Adobe

Ein plötzlicher, stechender Schmerz während des Sports oder bei einer ungewohnten Bewegung – das kann ein Hinweis auf einen Muskelbündelriss sein. Es handelt sich dabei um eine schwere Muskelverletzung, die häufig bei intensiver körperlicher Belastung auftritt.

Zur Diagnosestellung ist meist eine klinische Untersuchung ausreichend, gegebenenfalls ergänzt durch bildgebende Verfahren. Die Behandlung umfasst Schonung, Kühlung, Kompression und Hochlagerung sowie physiotherapeutische Maßnahmen zur Rehabilitation.

Was ist ein Muskelbündelriss?

Schweregrade von Muskelverletzungen:

  • Grad 1: Muskelverhärtung
  • Grad 2: Muskelzerrung
  • Grad 3: Muskelfaserriss/ Muskelbündelriss
  • Grad 4: Muskelriss

Muskeln bestehen aus vielen einzelnen Muskelfasern, die in Bündeln zusammengefasst sind. Diese Bündel werden von Bindegewebe umhüllt und bilden zusammen den eigentlichen Muskel. Jeder Muskel ist über Sehnen mit den Knochen verbunden und ermöglicht durch seine Kontraktion Bewegungen.

Die Muskelfasern sind extrem dehnbar und belastbar, doch unter starker mechanischer Beanspruchung – etwa durch abrupte Bewegungen, plötzliche Überdehnung oder extreme Krafteinwirkung – kann es zu Verletzungen kommen. Vor allem am Übergang zwischen Muskelzellen und Sehnenfasern ist der Muskel anfällig für Verletzungen, da an dieser Stelle zwei Gewebetypen von unterschiedlicher Elastizität aufeinandertreffen.

Während bei einer Muskelzerrung nur eine Überdehnung vorliegt und bei einem Muskelfaserriss einzelne Fasern reißen, handelt es sich bei einem Muskelbündelriss um eine deutlich schwerwiegendere Schädigung: Hier ist ein ganzes Bündel von Muskelfasern betroffen, was zu stärkeren Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen führt.

Muskelaufbau, grafische Darstellung Der Muskel besteht aus einzelnen Muskelfasern, die zu Muskelbündeln zusammengefasst sind. © Sebastian Kaulitzki, Adobe

Welche Muskeln sind häufig von einem Muskelbündelriss betroffen?

Muskelverletzungen haben in den meisten Sportarten den größten Anteil aller Verletzungen. Im Fußball betreffen beispielsweise ein Drittel aller Verletzungen die Muskulatur. Vor allem die Muskeln der unteren Extremitäten sind häufig verletzt.

Muskelbündelriss Oberschenkel

Mehr als die Hälfte aller Muskelverletzungen treten im Oberschenkel auf. Dabei sind die auf der Rückseite gelegenen Hamstrings (ischiocrurale Muskulatur) häufiger verletzt als der vorderseitige Quadriceps.

Muskelbündelrisse im Oberschenkel kommen besonders oft bei Sportarten vor, die schnelle Bewegungen, abrupte Richtungswechsel und explosive Krafteinsätze erfordern. Dazu zählen beispielsweise Fußball, Handball oder auch Eishockey. Ein Muskelbündelriss beeinträchtigt die Funktion des Oberschenkels erheblich und kann zu einem deutlichen Kraftverlust führen.

Muskelbündelriss Wade

Ein Muskelbündelriss in der Wade tritt vor allem im dreiköpfigen Wadenmuskel (Musculus triceps surae) auf. Dieser Muskel besteht aus zwei Anteilen, dem Zwillingswadenmuskel (M. gastrocnemius) und dem Schollenmuskel (M. soleus).

Die Verletzung entsteht oft durch plötzliche Überlastung, wie beim Sprinten oder abrupten Abstoppen, aber auch durch unzureichendes Aufwärmen. Typisch ist ein plötzlicher, stechender Schmerz in der Wade, gefolgt von Schwellung und eingeschränkter Beweglichkeit.

Muskelbündelriss der Adduktoren und in der Leiste

Auch im Bereich der Leiste und der Adduktoren kann es zu einem Muskelbündelriss kommen. Der am häufigsten betroffene Muskel in dieser Region ist der lange Anziehmuskel (M. adductor longus), der vom Schambein zum Oberschenkelknochen verläuft. Auch der an der Innenseite des Oberschenkels verlaufende große Anziehmuskel (M. adductor magnus) ist oft beteiligt. Die Verletzung entsteht meist durch plötzliche Überlastung, vor allem bei seitlichen Bewegungen.

Muskelbündelriss am Oberarm

Sportarten wie Tennis, Baseball oder Gewichtheben erfordern eine starke Belastung der Oberarmmuskulatur und können deshalb zu Muskelbündelrissen im Oberarm führen. Der am häufigsten betroffene Muskel im Oberarm ist der Musculus biceps brachii, auch als Bizepsmuskel bekannt. Dieser zweiköpfige Muskel an der Vorderseite des Oberarms ist besonders anfällig für Verletzungen, da er sowohl das Ellbogengelenk als auch das Schultergelenk überquert. Er wird bei vielen Bewegungen stark beansprucht.

Symptome: Woran erkennt man einen Muskelbündelriss?

Da bei einem Muskelbündelriss ganze Bündel von Muskelfasern reißen, sind die Symptome schwerwiegender als die eines Muskelfaserrisses. Im verletzten Muskel treten plötzlich einsetzende stechende Schmerzen auf und der Bereich um die Verletzung schwillt deutlich an. In der Muskulatur entsteht meist eine sicht- und tastbare Lücke. Beweglichkeit und Funktion des Muskels sind stark eingeschränkt. Häufig bildet sich ein sichtbarer Bluterguss und der Patient leidet unter starken Schmerzen, vor allem bei Druck auf den verletzten Bereich. Es resultiert eine Schonhaltung.

Ursachen: Wie kommt es zu einem Muskelbündelriss?

Frau auf dem Tennisplatz beim Aufwärmen Ein sanftes Aufwärmen vor der Belastung bereitet die Muskulatur auf die Bewegung vor und reduziert die Gefahr von Muskelverletzungen. © Svitlana, Adobe

Risikofaktoren:

  • unzureichendes Aufwärmen
  • ermüdete/überlastete Muskulatur
  • zu kurze Erholungspausen zwischen der Belastung
  • bestehende Muskelverhärtung
  • muskuläre Dysbalancen
  • mangelnde Fitness
  • fortgeschrittenes Alter
  • falsches Schuhwerk
  • unebener Untergrund
  • schlechte Ernährungsgewohnheiten

Ein Muskelbündelriss entsteht, wenn die einwirkende Kraft die Elastizitätsgrenze des Muskels übersteigt, also durch eine plötzliche oder übermäßige Belastung des Muskels. Häufig tritt diese Verletzung bei explosiven Bewegungen oder plötzlichem Anspannen des Muskels auf, wie etwa bei Sportarten wie Fußball, Tennis oder Gewichtheben. Auch eine starke Überdehnung der Muskulatur oder direkte Gewalteinwirkung, wie ein Schlag oder Tritt, können zu einem Muskelbündelriss führen.

Unzureichendes Aufwärmen vor dem Sport erhöht das Risiko erheblich, da die Muskeln nicht auf die bevorstehende Belastung vorbereitet sind. Ebenso gefährdet sind ermüdete oder bereits überlastete Muskeln. Muskuläre Dysbalancen oder eine gestörte Bewegungskoordination können ebenfalls zu einer Überbeanspruchung einzelner Muskelpartien führen und somit einen Riss begünstigen.

Weiterhin machen mangelnde Fitness oder ein unzureichender Trainingszustand den Körper anfälliger für solche Verletzungen, da die Muskulatur nicht an die geforderten Belastungen gewöhnt ist. Auch äußere Faktoren wie ungewohnte Bodenverhältnisse oder falsches Schuhwerk begünstigen in einigen Fällen die Entstehung eines Muskelbündelrisses, indem sie die natürliche Bewegungsabfolge stören und zu unerwarteten Belastungen führen.

Behandlung: Was kann man bei einem Muskelbündelriss tun?

Ähnlich wie beim Muskelfaserriss und bei vielen anderen Sportverletzungen orientieren sich die ersten Maßnahmen an der PECH-Regel:

Pause: Sie sollten den betroffenen Muskel nicht mehr belasten, damit sich die Verletzung nicht verschlimmert.

Eis: Kühlen wirkt schmerzlindernd, abschwellend und soll die Einblutung ins Gewebe verringern.

Compression: Legen Sie einen Kompressionsverband an, um eine Einblutung in das Gewebe und eine übermäßige Schwellung zu verhindern.

Hochlagern: Lagern Sie die verletzte Extremität hoch, um die Blutzufuhr zu reduzieren.

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Schmerzen zu lindern, Schwellungen zu reduzieren und weitere Schäden zu vermeiden. Bei einem Verdacht auf einen Muskelbündelriss ist es zudem immer ratsam, einen Arzt zu konsultieren. Dieser bestimmt mittels klinischer Untersuchung und ggf. bildgebender Verfahren das Ausmaß der Verletzung.

Der Experte wird mit Ihnen einen fundierten Behandlungsplan erarbeiten, der sich an der Schwere der Verletzung und Ihrem Gesundheitszustand orientiert. Um die Schmerzen einzudämmen, kommen häufig entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen zum Einsatz.

Ein sorgfältig geplantes Belastungsmanagement ist entscheidend für den Erfolg der Therapie. Die Belastung wird im Anschluss an die Akutphase unter physiotherapeutischer Anleitung schrittweise gesteigert, wobei eine zu frühe oder zu starke Beanspruchung des verletzten Muskels unbedingt vermieden werden muss, um Rückschläge zu verhindern.

Die richtige Ernährung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Genesung von Muskelverletzungen. Der Fokus liegt auf der Zufuhr von Nährstoffen, die die Heilung fördern, Entzündungen reduzieren und den Wiederaufbau des Gewebes unterstützen. Vor allem Proteine sind essenziell, da Muskeln aus ihnen bestehen und sie für den Wiederaufbau benötigt werden. Auch Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und Mikronährstoffe wie Zink, Magnesium und Vitamine sollten fester Bestandteil des Ernährungsplans sein.

Zur Unterstützung des Heilungsprozesses kommen zudem ergänzende Behandlungsmethoden wie lokale Infiltrationstherapie, Eigenbluttherapie oder Akupunktur zum Einsatz. Diese Verfahren können die Regeneration des Gewebes fördern und den Heilungsverlauf positiv beeinflussen.

Häufig gestellte Fragen zum Muskelbündelriss an PD Dr. Bastian Marquaß

Wie lange dauert ein Muskelbündelriss?

Die Dauer der Heilung eines Muskelbündelrisses ist von mehreren Faktoren abhängig, u. a. von der Schwere und Lokalisation der Verletzung und dem Gesundheitszustand des Patienten. So sind einige Betroffene bereits nach wenigen Wochen wieder fit, während die Genesung bei anderen mehrere Monate andauert. Die Ausfallzeit im Job richtet sich zudem danach, ob der Patient körperlich arbeitet oder einer sitzenden Tätigkeit nachgeht.

Wann darf man nach einem Muskelbündelriss wieder belasten?

Nach einem Muskelbündelriss sollte man die betroffene Stelle erst dann wieder belasten, wenn der Heilungsprozess ausreichend fortgeschritten ist. Die genaue Dauer hängt von der Schwere der Verletzung und individuellen Faktoren ab. Als grobe Orientierung sollte die ersten 1 bis 2 Wochen nach der Verletzung die Schonung im Vordergrund stehen. Ab der 3. Woche sind meist leichte Bewegungen ohne Belastung möglich. In dieser Phase setzt die Physiotherapie ein. Je nach Heilungsfortschritt ist in vielen Fällen nach 6 bis 12 Wochen wieder ein leichtes Training erlaubt.

Welche Spätfolgen können nach einem Muskelbündelriss auftreten?

Wenn die Heilung nicht optimal verläuft oder zu früh wieder mit der Belastung begonnen wird, kann ein Muskelbündelriss Spätfolgen nach sich ziehen. Der Muskel kann an Kraft verlieren, insbesondere wenn die Reha nicht konsequent durchgeführt wurde.

Die Verletzungsanfälligkeit bleibt an der Stelle des Muskelbündelrisses erhöht, da der Muskel hier eine Schwachstelle aufweist. Zudem kann es zu Verhärtungen oder Verklebungen im Gewebe führen, was die Beweglichkeit einschränkt. Der Muskel bildet Narbengewebe, das weniger flexibel ist als Muskelgewebe. Einige Patienten berichten außerdem über anhaltende Beschwerden oder Druckempfindlichkeit sowie Wetterfühligkeit im verletzten Bereich.

Lässt sich die Heilung nach einem Muskelbündelriss beschleunigen?

Ja, die Heilung eines Muskelbündelrisses kann durch gezielte Maßnahmen unterstützt und möglicherweise beschleunigt werden. In der Akutphase ist es wichtig, die Maßnahmen der PECH-Regel konsequent umzusetzen, also Schonung, Kühlung, Kompression und Hochlagern des betroffenen Körperteils. Nach der Akutphase können Physiotherapie, physikalische Therapie oder Lymphdrainage die Durchblutung fördern und Schwellungen reduzieren. Auch eine ausgewogene und proteinreiche Ernährung trägt mitunter zu einer schnelleren Heilung bei.

Muss ein Muskelbündelriss operiert werden?

Ein Muskelbündelriss muss in den meisten Fällen nicht operiert werden. Eine Operation ist nur bei schweren Muskelverletzungen mit großen Rissen oder bei starken Beeinträchtigungen der Bewegungsfähigkeit notwendig. Wenn die Muskelenden so weit auseinanderklaffen, dass ein natürliches Zusammenwachsen unwahrscheinlich ist, kann eine Operation in Betracht gezogen werden.

Wie unterscheiden sich Muskelfaserriss und Muskelbündelriss?

Bei einem Muskelfaserriss reißen einzelne oder mehrere Muskelfasern, während bei einem Muskelbündelriss ganze Bündel von Muskelfasern reißen. Die Schmerzen nach einem Muskelbündelriss sind daher stärker als bei einem Muskelfaserriss und es tritt zudem oft eine sicht- und tastbare Delle im Muskel auf. Auch die Heilungsdauer benötigt einen längeren Zeitraum, wenn ganze Muskelbündel verletzt sind.

Bleibt nach einem Muskelbündelriss eine Delle im Muskel zurück?

Nach einem Muskelbündelriss kann in manchen Fällen eine sichtbare oder tastbare Delle im Muskel zurückbleiben. Die Delle entsteht durch eine Lücke im Muskelgewebe, die aufgrund des Risses auftritt. Bei schweren Muskelbündelrissen ist eine Delle häufiger zu beobachten als bei leichteren Verletzungen.

Sollte man einen Muskelbündelriss kühlen oder wärmen?

Einen Muskelbündelriss sollte man zunächst kühlen, um Schwellungen und Blutungen in das umliegende Gewebe zu reduzieren. Das Kühlen erfolgt in den ersten 48 Stunden nach der Verletzung am besten in regelmäßigen Abständen. Durch die Kälteanwendung werden die Blutgefäße verengt und Entzündungsprozesse gehemmt.

Wärme ist bei einem akuten Muskelbündelriss zu vermeiden, da sie die Durchblutung fördert und somit kontraproduktiv wirken kann. Erst wenn die Schwellung abgeklungen ist und keine Entzündung vorliegt, kann eine Wärmebehandlung in Betracht gezogen werden.

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