1. Bandscheibenprothese: bewegliche Wirbelsäule trotz Bandscheibendegeneration
  2. Wem kann die Bandscheibenprothese helfen?
  3. Vorteile der Bandscheibenprothese gegenüber der Wirbelsäulenversteifung
  4. Risiken der künstlichen Bandscheibe
  5. Kontraindikationen: Wann ist die Bandscheibenprothese nicht möglich?
  6. Rehabilitation und Prognose der Bandscheibenprothese

Zeichen einer milden Bandscheiben-Degeneration

Die Bandscheibenprothese wird eingesetzt, wenn die Patienten an einem Rückenschmerz leiden, der durch eine degenerierte Bandscheibe ausgelöst wird.

Meist tritt dieser Schmerz in einem einzigen Segment der Wirbelsäule auf.

Die wichtigen nichtoperativen Behandlungsmethoden von Rückenschmerz sollten vor der OP-Entscheidung vollständig ausgeschöpft worden sein. Meist muss ein Schmerz bereits über sechs Monate trotz konservativer Behandlung andauern, bevor die Operation der Bandscheibenprothese erwogen wird.

Immer öfter wird die Bandscheibenprothese auch auf 2 oder 3 Segmenten der Wirbelsäule eingesetzt, wenn eine multisegmentale Bandscheibendegeneration vorliegt.

Die meisten Menschen machen beim Älterwerden einen milden Verlauf der Bandscheibendegeneration durch: Das ist noch kein Grund zur Besorgnis. Mit leichten Verspannungen und gelegentlicher Nackensteife oder Kopfschmerzen können die meisten Patienten leben. Hier kann Physiotherapie (Übungen)helfen. Dieses Training unterstützt den Patienten im Alltag.

Für viele Patienten hat der Funktionsverlust der Bandscheibe aber einschneidende Folgen und kann den Alltag stark beeinträchtigen. Das trifft vor allem für die hochbeweglichen Wirbel der Halswirbelsäule zu. Hier führt ein Verlust der Bandscheibenfunktion sehr viel schneller als im Lendenwirbelbereich, zu chronischen Schmerzen, Nervenkompression und Verlust der Nervenfunktion, Gefühlstaubheit und Lähmung (Radikulopathie). Folgerichtig werden auch die meisten - über 90% - der Bandscheibenprothesen an der Halswirbelsäule operiert.

Bandscheibenvorfall Discus prolaps Das Rückenmark oder die Nervenwurzeln können durch das Material einer Bandscheibe beim Bandscheibenvorfall (Discus Prolaps) unter Druck geraten. Schmerzen, Lähmungen, neurologische Ausfälle sind häufig die Folge © Istockphoto.com

Vor allem nach Bandscheibenvorfall (discus prolaps) kann die Entfernung der Bandscheibe teilweise oder ganz erforderlich sein, um Schmerzen und neurologische Ausfälle durch Druck der Bandscheibe auf Rückenmark und Nervenwurzeln der Umgebung zu vermindern.

Die Bandscheibe hat wichtige Funktionen als mechanischer Puffer (Stossdämpfer) zwischen den Gelenkkörpern der Wirbelsäule. Fehlen die Bandscheiben oder werden sie zu dünn, leidet der Patient gelegentlich oder häufig an Rückenschmerzen, Nackenschmerzen, bis hin zu Sensibilitätsverlust und Kraftverlust.

Empfehlung der Bandscheibenoperation immer nur bei konkreten langanhaltenden Beschwerden des Patienten

Vorsicht bei radiologischen Befunden

Gerade in der Behandlung der Wirbelsäule dürfen nie radiologische Bilder (Röntgenbilder und MRT) behandelt werden, sondern immer nur die Patienten. Zu einer OP-Empfehlung gehören also stets entsprechende klinische Beobachtungen. Der Arzt muss erhebliche Einschränkungen über längere Zeit beobachten und ein entsprechender Leidensdruck des Patienten muss gegeben sein, um die OP-Entscheidung zu rechtfertigen.

Wichtig für alle Patienten, die mit Schmerzen und Beeinträchtigungen nach Bandscheibenerkrankung den Wirbelsäulenexperten aufsuchen: Eine mögliche operative Behandlung wird stets durch das Befinden des Patienten begründet. Manche Patienten haben auch mit verminderter Bandscheibenhöhe ein gutes Allgemeinbefinden. Hier wird stets nur physiotherapeutisch und präventiv behandelt. Aus dem radiologischen Bild (Röntgen oder MRT) der Wirbelsäule alleine kann ein Arzt die Empfehlung einer operative Behandlung also nicht ableiten. Entscheidend sind die Schmerzen, Lähmungen und Bewegungseinschränkungen, die behandelt werden müssen.

Zustand nach Diskektomie: Leben nach Bandscheibenentfernung

Wodurch wird die Neu-Operation der Bandscheibe wahrscheinlicher?

  • Jüngere Patienten unter 35 Jahren werden öfter nachoperiert
  • Je mehr Bandscheiben-Material entfernt wurde, um so wahrscheinlicher ist das Auftreten von Folgebeschwerden
  • Verminderte Bandscheibenhöhe resultierte in mehr Schmerzen

Eine teilweise Entfernung der Bandscheibe kann nach Bandscheibenvorfall nötig sein. Für die meisten Patienten - über 80% ist die Situation aber bis zu 10 Jahren und länger nach der Dekompression (Bandscheibenentfernung stabil).

Ist die Höhe der verbleibenden Bandscheibe aber erst einmal vermindert, kann sich die weitere Degeneration der Bandscheibe - bis hin zum Kollaps - fortsetzen. Je nach Studie zwischen 7%- 25% der Patienten müssen innerhalb der ersten 10 Jahre nach Bandscheiben-Operation auf Grund Ihrer Beschwerden erneut operiert werden. Je mehr Bandscheiben-Material bei der Bandscheiben-Dekompression entfernt wurde, um so wahrscheinlicher ist es, dass das verschlechterte Befinden eine erneute Operation notwendig macht. In diesen Fällen wurde historisch eine Fusion der Wirbelkörper (Wirbelsäulenversteifung) empfohlen, um die erkrankte Bandscheibe zu ersetzen.

Wann ist Bandscheiben-Verschleiß wirklich behandlungsbedürftig?

Diese Symptome weisen auf eine OP-Indikation

  • Ameisenlaufen
  • Taubheit und Gefühlsverlust
  • Schwäche in Armen und Beinen
  • Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen
  • Muskelschwäche
  • Stechende Armschmerzen
  • Lähmung der Hände

Wird der Abstand zwischen den Wirbelkörpern durch Bandscheibendegeneration jedoch zu zu gering, können Nerven eingeklemmt werden (Radikulopathie). Taubheit, chronische Schmerzen, Muskelschwäche und schließlich Lähmung kann daraus entstehen.

Nur in diesen Fällen, wo die Lebensperspektive der Patienten grundsätzlich in Frage gestellt ist, muss der Arzt eine operative Behandlung der Bandscheiben-Erkrankung anbieten.

Beim Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule wird meist konservativ (Schmerztherapie und Krankengymnastik) oder durch eine mikrochirurgische oder endoskopische Entfernung des Vorfalls behandelt. Der lumbale Bandscheibenvorfall ist keine unmittelbare Indikation, die Stabilität der Bandscheibe ist dabei meist nicht sofort gefährdet.

Der Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule kann dagegen eine Indikation für die künstliche Bandscheibe darstellen.