1. Warum werden die Beschwerden beim erworbenen Knick-Senkfuß immer stärker?
  2. Wann muss ein Knick-Senkfuß operiert werden?
  3. Welche Untersuchungen müssen der OP-Entscheidung vorausgehen?
  4. Für wen ist eine bewegungserhaltende Knick-Senkfuß-Operation besonders geeignet, bei wem ist sie kontraindiziert?
  5. Wie wird bei der bewegungserhaltenden Stellungskorrektur des Knick-Senkfußes operiert und stabilisiert?
  6. Welche speziellen bewegungserhaltenden OP-Methoden gibt es beim erworbenen Knick-Senkfuß?
  7. Nachsorge und Reha nach Knick-Senkfuß-Operationen
  8. Häufige Patientenfragen zu Knick-Senkfuß-Operationen an Dr. med. Thomas Schneider von der Gelenk-Klinik

Der erworbene Knick-Senkfuß (medizinisch "progressive collapsing flatfoot") ist eine der häufigsten Fußfehlstellungen. Man erkennt ihn am Absinken des Fußlängsgewölbes, während gleichzeitig das Fersenbein nicht senkrecht steht, sondern nach innen gekippt ist. Zusätzlich ist der Vorfuß nach außen gedreht, weshalb die Zehen beim Gehen nicht nach vorne, sondern nach außen zeigen.

Knicksenkfuß im fortgeschrittenen Stadium von hinten Ein linker Fuß mit ausgeprägter Knick-Senkfuß-Fehlstellung. Der Fuß ist deutlich nach innen abgeknickt. © Gelenk-Klinik

Bei Erwachsenen ist der Knick-Senkfuß in den meisten Fällen erworben, so zum Beispiel durch das Tragen falschen Schuhwerks oder mangelnden Fußtrainings. Aber auch Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis, allgemeiner Verschleiß oder Bandverletzungen können den Knicksenkfuß begünstigen. Insgesamt ist die Entwicklung zum Knick-Senkfuß ein komplexes Geschehen, bei dem vor allem die talare Instabilität sowie Schäden an der Sehne des Musculus tibialis posterior eine bedeutende Rolle spielen.

Der Knick-Senkfuß kann Fußschmerzen auslösen und das Gehen erschweren. Oft reicht eine konservative Therapie mit speziellen Übungen, um die Beschwerden zu lindern. Unbehandelt schreitet die Erkrankung fort und die Symptome verstärken sich. Durch Über- und Fehlbelastung anderer Gelenke (Sprunggelenk, Knie, Hüfte, Rücken) drohen dort ebenfalls Schmerzen und Funktionseinschränkungen.

Wenn die konservative Therapie nicht greift, kann der Knick-Senkfuß operiert werden. Je nach Art und Ursache der komplexen Fehlstellung wenden die Fußspezialisten dafür verschiedene Verfahren an. Viele davon sind bewegungserhaltend, eine Versteifung deshalb nur noch selten erforderlich. Meist zeigen die Eingriffe gute Ergebnisse, d.h., die Schmerzen werden deutlich reduziert und die Fußfunktion verbessert. Je früher die Fehlstellung operiert wird, desto besser ist die Prognose.

Experten-Vortrag zu Fußfehlstellungen mit unserem Fußspezialisten Dr. Schneider:

Externer Inhalt von youtube.com

Zustimmen

Warum werden die Beschwerden beim erworbenen Knick-Senkfuß immer stärker?

Ausgeprägte Fehlstellung Impingement und Arthrose bei Knick-Senkfuß im Endstadium Folgeschäden eines Knick-Senkfußes im Endstadium: Im 3D-Bild links erkennt man die Fehlstellung im Rückfuß und die gleichzeitig eintretende Fehlstellung im unteren Sprunggelenk. Zwischen Fersenbein und Wadenbein ist ein untypischer Kontakt (fibulocalcaneares Impingement) zu sehen. Die Pfeile zeigen auf den deutlich verschmälerten Gelenkspalt zwischen Sprungbein und Fersenbein (Arthrose im Subtalargelenk). © Gelenk-Klinik

Der Knick-Senkfuß ist keine statische Fehlstellung, im Gegenteil: Mit der Zeit verstärkt sich die Fehlbelastung und wirkt sich auf den gesamten Fuß, später auch auf die Knie- und Hüftgelenke und den Rücken aus. Grund dafür ist, dass der Körper durch die Fehlstellung biologisch keine Balance mehr halten kann. Die Balance wird durch die korrekte Stellung der Knochen und die muskulären Zugverhältnisse gewahrt. Nimmt die Fehlstellung zu, verändern sich die Lage der Sehnen und die dadurch wirksamen Hebel, d.h., die Zugverhältnisse werden immer ungünstiger. Das führt zu zahlreichen, oft kombiniert auftretenden Folgen:

Schematische Fußansicht mit Sehnenverlauf und Achsen des Sprunggelenks, die zeigen, wie Sehnenzug Fußfehlstellungen verstärkt. Diese Grafik zeigt den Fuß von oben. Die horizontale Achse markiert das obere Sprunggelenk, die schräge Achse das untere Sprunggelenk. Türkis dargestellt sind die Sehnen im Querschnitt. Besonders beim Knick-Senkfuß wirken Sehnen, die eigentlich neutral oder innen verlaufen, verstärkend nach außen. Eine geschädigte und dadurch geschwächte Sehne auf der Innenseite führt zu einer Kraftverlagerung. Das erklärt, warum solche Fehlstellungen meist nicht von allein besser werden und schwer korrigierbar sind.© Gelenk-Klinik

Die Muskeln benachbarter Sehnen (z. B. die der Zehenbeuger) arbeiten vermehrt, um die Balance zu halten. Ist es dadurch zu Krallenzehen gekommen, gilt dies als negatives Prognosezeichen.

Durch den schiefen Gebrauch des Fußes werden andere Anteile oder Gelenke des Fußes instabil, d.h., sie leiern aus. Betroffen sind dabei vor allem das Subtalargelenk (ein Teil des unteren Sprunggelenks) und die Fußwurzelknochen im besonders belasteten Gewölbebereich. Es entwickelt sich eine tarsale Instabilität, die die ursprüngliche Fehlstellung noch verstärkt.

Aufgrund der Fehlbelastung entwickeln sich im Verlauf oft auch Schmerzen an der Außenseite des Fußes. Sie entstehen dadurch, dass der Fuß durch die Kippung nach innen außen gestaucht wird, man spricht von einer Kompressionsbelastung. Bleibt diese länger bestehen, kommt es zu einer Einklemmung am äußeren Fuß, bei der Fersenbein und Sprungbein anschlagen. Dieser Zustand heißt talocalcaneares Impingement oder Sinus-tarsi-Impingement.

Tarsale Instabilität mit Absenkung des Tarsus im Frühstadium Fuß mit tarsaler Instabilität. Der Pfeil zeigt auf die tarsale Absenkung im frühen Stadium. © Gelenk-Klinik Sinus-tarsi Impingement bei Knick-Senkfuß Sinus-tarsi-Impingement bei Knick-Senkfuß. Der Pfeil zeigt auf den Sinus tarsi an der Außenseite des Fußes, wo sich Fersenbein und Sprungbein berühren. © Gelenk-Klinik

Im weiteren Verlauf entsteht in den benachbarten Gelenken meist eine zunehmende Arthrose. Es kommt zu Knochen- und Knorpelschäden und weiteren Fehlstellungen. Schließlich wird der Fuß immer steifer, die Fehlstellung wird fixiert, das Endstadium ist die kontrakte Fehlstellung.

Sinus-tarsi Impingement bei Knick-Senkfuß Auswirkungen des Knick-Senkfußes auf die Fußwurzelknochen. Zu sehen sind aufgrund von Fehl- und Überbelastung entstandene Arthrosen zwischen dem Kahnbein und den Keilbeinen (Pfeile). Zusätzlich ist ein akzessorischer Knochen zu erkennen (roter Kreis): Dieses sogenannte Os tibiale externum kann die Funktion der Tibialis-posterior-Sehne schwächen und dadurch einen erworbenen Knick-Senkfuß auslösen. © Gelenk-Klinik

Nicht nur gesenkt und geknickt

Der Begriff "Knick-Senkfuß" vermittelt den Eindruck, dass es sich dabei um eine einfach zu verstehende Erkrankung handelt. Doch die Fehlstellung ist komplex, weshalb sie in Fachkreisen auch Pes planovalgus et abductus genannt wird, um neben der Absenkung und Einknickung auch die Abduktion des Vorfußes als dritte Dimension zu beschreiben. Aber selbst dabei sind noch nicht die Rotationen der Knochen berücksichtigt, sondern nur die von oben, von hinten und von der Seite gesehenen Abweichungen. Doch der Knick-Senkfuß ist nicht nur in sich selbst komplex, er kann auch ausgeprägte Folgen auf das obere Sprunggelenk, die Knie- und Hüftgelenke und den Rücken haben, d.h., die gesamte Statik beeinträchtigen. Das alles bedeutet, dass der Knick-Senkfuß nicht "einfach" ist und die Fehlstellungsanalyse durch den Spezialisten immer wichtiger wird. Der Knick-Senkfuß ist eben nicht mehr durch die Anwendung einer einzigen diagnostischen Methode zu verstehen und auch nicht mit der Anwendung einer einzelnen OP-Methode zu behandeln.

Wann muss ein Knick-Senkfuß operiert werden?

Wie oben erklärt ist der erworbene Knick-Senkfuß keine banale Fußfehlstellung, die mit Einlagen leicht zu korrigieren ist. Durch die dauernde Fehlbelastung schreitet die Erkrankung fort und es kann zu den genannten schweren Folgen kommen. Ohne eine korrigierende Operation droht der sogenannte kontrakte Knick-Senkfuß, den es unbedingt zu vermeiden gilt.

Um den richtigen Zeitpunkt für einen bewegungserhaltenden Eingriff nicht zu verpassen, sollte der erworbene und konservativ behandelte Knick-Senkfuß (auch progressive collapsing flatfoot genannt) regelmäßig vom Fußspezialisten kontrolliert werden. Je stärker die zunehmende Schädigung, desto größer ist die Gefahr, dass später nur noch eine versteifende Operation möglich ist. Eine solche Entwicklung inklusive Versteifung lässt sich durch das frühe Erkennen von Problemen und eine korrekte Einschätzung der Fehlstellung verhindern.

Die Realität sieht leider anders aus. Oft suchen Patienten, deren zunächst innenliegende Fußschmerzen schon vor 2 bis 5 Jahren begonnen haben, erst spät ärztlichen Rat. So z. B., wenn sich zunehmend Belastungsschmerzen an der Fußaußenseite entwickeln oder sie mit ihren Kniebeschwerden nicht mehr zurechtkommen.

Eine rechtzeitige, bewegungserhaltende Operation ist einer Versteifung immer vorzuziehen und aufgrund moderner Techniken heute in vielen Fällen möglich. Die Entscheidung für eine Operation erfolgt immer individuell und berücksichtigt das Krankheitsstadium, drohende Folgen und den Leidensdruck des Patienten. Generell erwägt der Fußspezialist eine Knick-Senkfuß-Operation bei folgenden Gegebenheiten:

  • Beschwerden und Schmerzen nehmen trotz konsequent durchgeführter konservativer Therapie zu.
  • Kontrakte (nicht mehr bewegliche) Fehlstellung des Rückfußes.
  • Instabilität des Fußlängsgewölbes durch Insuffizienz oder Riss der Tibialis-posterior-Sehne.
  • Einschränkung der Beweglichkeit im Sprunggelenk oder anderen Fußgelenken.
  • Veränderte Fußstatik mit sekundären Schäden (z. B. Krallenzehen).
  • Frühzeitiger Verschleiß von Fußgelenken, z. B. Fußwurzelgelenken (Fußwurzelarthrose).

Welche Untersuchungen müssen der OP-Entscheidung vorausgehen?

Ob im individuellen Fall eine Operation sinnvoll ist, entscheidet der Fußspezialist anhand verschiedener Untersuchungen. Dabei ist die Krankengeschichte des Patienten wichtig, insbesondere, wie lange er schon unter welchen Beschwerden leidet.

Die klinische Untersuchung zeigt, wie der Fuß unter Belastung steht und welche Bewegungen mit ihm möglich sind. Dafür gibt es spezielle Tests, z. B. das Too-many-toe-Sign und das Single-Rise-Sign. Die genaue Analyse der meist komplexen Fehlstellung erfolgt mit verschiedenen bildgebenden Verfahren und der Ganganalyse.

Verdickte tibialis posterior Sehne und Peritendinitis im MRT MRT-Aufnahme von einem Fuß von oben. Der Pfeil zeigt auf die verdickte Tibialis-posterior-Sehne (hintere Schienbeinsehne). Ebenfalls zu sehen ist eine um die Sehne gelegene Flüssigkeitsansammlung als Zeichen einer Peritendinitis. © Gelenk-Klinik
  • Digitale Volumentomographie: Einer der wichtigsten bildgebenden Untersuchungen vor einer Knick-Senkfuß-Operation ist die digitale Volumentomographie, kurz DVT. Dieses Verfahren ermöglicht durch die dreidimensionale Darstellung des Fußes eine eindeutige Beurteilung der Gelenksituation und wird deshalb in der Gelenk-Klinik dem Röntgen in vier Ebenen vorgezogen. Sowohl ein Impingement wie auch eine Arthrose lassen sich mit dieser Methode exakt abbilden. Gleiches gilt für eine begleitende Valgus- und Varusfehlstellungen des oberen Sprunggelenks. Auch die talare Instabilität kann auf diese Weise gut abgeschätzt werden.
  • Ganganalyse: Mithilfe der Ganganalyse erkennt der Spezialist, wie stark die Fehlstellung den normalen Gang beeinträchtigt und wie weit die biomechanische Störung schon fortgeschritten ist. Beim normalen Gehen wird der Fuß in der sogenannten mittleren Standphase, also bevor die Ferse abhebt, durch die Tibialis-posterior-Sehne stabil verriegelt. Dabei zieht die Sehne am Kahnbein und sorgt dafür, dass die Fußwurzel stabil ist. So kann der Fuß zuerst beim Aufsetzen und Abrollen als Dämpfer wirken und wird dann beim Abheben der Ferse starr, um Kraft für den nächsten Schritt zu geben. Wenn die Sehne beschädigt ist, bleibt der Fuß auch beim Abheben der Ferse weich und die Fußwurzel senkt sich nach unten ab (dies nennt man Collaps). Je länger diese Fehlbelastung besteht, desto stärker sind die Auswirkungen. In der Ganganalyse lässt sich das daran erkennen, dass das Kahnbein (Os naviculare) beim Abheben der Ferse nicht mehr angehoben wird, sondern absinkt – ein Phänomen, das als "Navicular Drop" bezeichnet wird.
  • Sonographie: Die Ultraschalluntersuchung des Fußes ist für eine Entscheidung zur Operation und für ihre Planung ebenfalls essenziell. Mit ihr kann der Spezialist die Weichteile wie Sehnen, Bänder, Muskeln und Bindegewebe direkt dynamisch beurteilen.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Auch mit einer MRT lassen sich die Weichteile gut darstellen. So kann der Experte damit z. B. Reizungen im Bereich des Impingements oder Schädigungen der Gelenkkapsel erkennen.
  • SPECT-Untersuchung (Single Photon Emission Computed Tomography): Die mit diesem nuklearmedizinischen Verfahren erstellten Schnittbilder machen die Stoffwechselaktivität und damit die Funktion der Gewebe (z. B. der Knochen) sichtbar. Bei der Planung für eine Knick-Senkfuß-Operation ist das aufwändige Verfahren nur selten nötig. Es kann allerdings dabei helfen, die durch die chronische Instabilität entstehenden Arthrosen in benachbarten Bereichen der Fußwurzel zu erkennen und bei der Therapieplanung mit einzubeziehen.
Knick-Senkuß in einer Spect-Aufnahme SPECT-Aufnahme eines Knick-Senkfußes in der Spätphase. Die Farben spiegeln den Knochenstoffwechsel, der im Bereich des unteren Sprunggelenks und der Fußwurzel verstärkt ist (rot, gelb). Die erhöhte Stoffwechselaktivität beruht beim Knick-Senkfuß auf der massiven, durch die Fehlstellung hervorgerufenen Fehlbelastung des Fußes. © Gelenk-Klinik

Für wen ist eine bewegungserhaltende Knick-Senkfuß-Operation besonders geeignet, und für wen nicht?

Für jüngere, aktive Patienten ist eine bewegungserhaltende operative Maßnahme immer besser als eine versteifende - zumal auf diese bei Fortschreiten der Erkrankung noch zurückgegriffen werden kann.

Kontraindikationen

Nicht geeignet für eine bewegungserhaltende OP sind Knick-Senkfuß-Patienten, bei denen sich durch die lang anhaltende Fehlbelastung Arthrosen ausgebildet haben. Ebenso kontraindiziert sind bewegungserhaltende Operationen bei fixierter, also nicht beweglicher (kontrakter) Fehlstellung. In beiden Fällen stehen bei ausgeprägten Beschwerden als korrigierende Maßnahmen die Versteifung (Arthrodese) oder eine Teilversteifung an.

Eine vollständige oder gute Stellungskorrektur mittels bewegungserhaltender OP ist allerdings auch beim Knick-Senkfuß nur erfolgversprechend, wenn sie früh genug erfolgt. Das bedeutet, dass die Fehlstellung noch beweglich ist, also nicht kontrakt bzw. fixiert.

Ebenfalls wichtig für die Therapieentscheidung sind neben dem Alter das Ausmaß der Alltagsaktivität und das Geschlecht. Frauen besitzen weniger starke Bänder und leiden deshalb häufig unter Bandinsuffizienzen im Bereich der Fußwurzel, was prognostisch ungünstig ist. Dieser Nachteil wird bei ihnen allerdings oft dadurch ausgeglichen, dass ihre Füße im Alltag weniger stark belastet werden als die der Männer.

. Knick-Senkuß mit Arthrose in einer DVT Aufnahme DVT-Aufnahme eines Knickfußes von hinten. Bei diesem Patienten ist es durch die knickfußbedingte Instabilität im hinteren unteren Sprunggelenk auf der Außenseite zu einer Arthrose gekommen. In diesem Fall ist eine bewegungserhaltende Operation nicht angezeigt, der Fußspezialist kann nur eine korrigierende Versteifung in Form der subtalaren Arthrodese empfehlen. © Gelenk-Klinik

Welche Operationsmöglichkeit gibt es, wenn nicht bewegungserhaltend operiert werden kann?

Verkürzte Achillessehne Versteifungsoperationen wie die hier abgebildete Triple-Arthrodese kommen beim fortgeschrittenen Knick-Senkfuß zum Einsatz, wenn eine bewegungserhaltende Operation kontraindiziert ist. © Dr. Thomas Schneider

Wenn eine bewegungserhaltende Operation nicht möglich ist, kann eine Versteifung (Arthrodese) die Beschwerden lindern.

  • Bei der talonavikulären Arthrodese erfolgt die Versteifung im vorderen inneren unteren Sprunggelenk (USG). Diese Form der Versteifung ist immer dann notwendig, wenn der Innenbandkomplex und die das Fußgewölbe aufrichtende Tibialis-posterior-Sehne nicht funktionell ersetzbar sind.
  • Bei einigen Patienten ist eine Triple-Arthrodese indiziert. Dabei versteift der Operateur alle gelenkigen Verbindungen des Sprungbeins: nach hinten/unten zum Fersenbein, nach vorne zum Kahnbein (Os naviculare) sowie die Verbindung zwischen Fersenbein und Würfelbein (Kuboid). Die Triple-Arthrodese kann die normalen räumlichen Verhältnisse im Fußlängsgewölbe wiederherstellen. Diese therapeutische Versteifung macht schmerzende arthrotische Gelenke schmerzfrei. Die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk bleibt erhalten.

Experten-Vortrag zur operativen Therapie bei Fußfehlstellungen mit unserem Fußspezialisten Dr. Schneider:

Externer Inhalt von youtube.com

Zustimmen

Wie wird bei der bewegungserhaltenden Stellungskorrektur des Knick-Senkfußes operiert und stabilisiert?

Das prinzipielle Vorgehen ist bei allen gelenkerhaltenden operativen Maßnahmen gleich. Meist erfolgt die Operation in Vollnarkose, sie ist aber auch in einer Regional- oder Spinalanästhesie möglich. Gelagert wird der Patient abhängig vom Eingriff in Seitenlage oder in Rückenlage.

Bei allen Knick-Senkfußoperationen führt der Operateur zuerst eine stellungskorrigierende Maßnahme des Rückfußes durch. Dies ist notwendig, weil die Achillessehne mit ihrer hohen Zugkraft einen starken Effekt auf den gesamten Fuß ausübt. Nach Korrektur des Rückfußes und Festlegung der optimalen Stellung prüft der Fußspezialist, welche weiteren Eingriffe sinnvoll sind.

Knick-Senkuß mit Reizung der Sehne des musculus tibialis posterior Die Sehnenverhältnisse am gesunden Fuß (links) und am Knick-Senkfuß (rechts). Durch die knick-senkfuß-bedingte Verlagerung der sehr kräftig ziehenden Achillessehne nach außen wird die innenliegende Sehne des Musculus tibialis posterior zusätzlich belastet und geschädigt (rot markiert). © Gelenk-Klinik

Zum Beispiel kann das Sprungbein gegenüber dem Fersenbein aufgerichtet werden, um einer Fehlstellung nach außen entgegenzuwirken. Die Wahl der Methode hängt vom Einzelfall ab. So kann der Operateur z. B. die äußere Säule verlängern oder ein Implantat im unteren Sprunggelenk einsetzen.

Nachdem der Rückfuß korrigiert und der Fuß aufgerichtet wurde, prüft der Arzt, wie der Rückfuß im Verhältnis zum Vorfuß steht. Der Arzt simuliert beim liegenden Patienten das Abrollen des Fußes beim Auftreten auf dem Boden, indem er den Vorfuß nach oben drückt. Bei korrekter Position des Rückfußes sollten sich nun der erste und fünfte Mittelfußstrahl auf gleicher Höhe befinden. Ist der erste Mittelfußstrahl bei der Bewegung zu weit nach oben verschoben, führt das dazu, dass beim Abrollen der Fußsohle mehr Druck auf den fünften Mittelfußstrahl ausgeübt wird. Dies verursacht eine verstärkte Knickbewegung im Rückfuß. Dieses Phänomen nennt man Restfehlstellung des Vorfußes im Verhältnis zum Rückfuß, auch Supinationsstellung genannt. Bleibt diese Stellung beim erwachsenen Fuß bestehen, kann dies durch die erhöhte Belastung später entweder zu einer erneuten Fehlstellung der Rückfußachse führen oder zu Beschwerden und Einschränkungen an der Außenseite des Fußes (Hyperkompression).

Die Fixierung der Korrekturen erfolgt u.a. mit Schrauben, Drähten oder selten auch mit Platten. Zur Aufrichtung des Längsgewölbes dienen Knochenkeile, Titankeile oder Implantate wie das Sinus Implantat. Bei der Fixierung dieser Keile kann man oft auf Schrauben verzichten: Durch die hohe Vorspannung des Fußes verklemmen die Implantate auch ohne weitere Fixierung.

Abhängig von der vor der Operation durchgeführten Schadensanalyse ergreift der Operateur häufig noch weitere Maßnahmen bei einer Knick-Senkfuß-Operation. Oft sind z. B. Weichteiloperationen an den Bändern oder die Verlagerung von Sehnen erforderlich, um die Korrektur zu optimieren. Ist das hintere Schienbein zerstört oder beschädigt, muss es manchmal zur Schmerzprophylaxe entfernt werden.

Welche speziellen bewegungserhaltenden OP-Methoden gibt es beim erworbenen Knick-Senkfuß?

Zur bewegungserhaltenden Operation des Knick-Senkfußes gibt es verschiedene Möglichkeiten, die je nach Fehlstellung und Folgeschäden auch miteinander kombiniert werden. Die Eingriffe erfolgen dabei am Knochen, an den Bändern und an den Sehnen.

Knöcherne Eingriffe:

Zu den knöchernen Eingriffen zählen die operative Korrektur des Fersenbeins, die Aufrichtung des Sprungbeins und die Aufrichtung des Fußlängsgewölbes:

  • Operative Korrektur des Fersenbeines, Calcaneusoperation, MDO (Medial displacement Osteotomy): Die Fehlstellung des Fersenbeins verändert die Zugwirkung der starken Achillessehne: Sie wird beim Gehen nicht ausreichend gedehnt und verkürzt sich daraufhin. Die knöcherne Verschiebung des Fersenbeins (medial displacement Osteotomy, MDO) ist geeignet, die Fehlstellung des Rückfußes auszugleichen und korrigiert vor allem die Knickfuß-Komponente. Durch die Verlagerung des Fersenbeins nach innen verändert sich auch die Zugrichtung der kräftigen Achillessehne. Dies richtet den Fuß insgesamt auf.
  • Aufrichtung des Sprungbeins durch Korrektur durch Spreizer oder Prothese oder Korrekturoperation des Fersenbeines: Hierbei wird entweder ein kleiner Dübel in das untere Sprunggelenk eingebracht, der den Sprungbeinknochen über dem Fersenbein fixiert und die Kippung verhindert (Stop-Implantat). Alternativ kann man eine ähnliche Wirkung auch dadurch erreichen, dass man den Fersenbeinknochen außen verlängert und damit unter den Sprungbeinknochen verschiebt (verlängernde Fersenbeinumstellungsoperation nach Evans oder Hintermann).
  • Aufrichtung des Fußlängsgewölbes bei verbleibender Fehlstellung des Vorfußes im Verhältnis zum Rückfuß: Hierbei wird das Längsgewölbe aufgerichtet. Dies kann individuell je nach Stellung und Schädigung an verschiedenen Stellen erfolgen, z. B. durch das Einsetzen eines Knochen- oder Titankeils in die Fußwurzel (Keilbeinreihe innen am Fußrand).

Weichteileingriffe an den Bändern:

Hierbei wird der innen liegende komplexe Innenbandapparat in die Rekonstruktion einbezogen, z. B. durch Verkürzung , Doppelung oder Fixation mit einem speziellen stabilisierenden Tape.

Weichteileingriffe an den Sehnen, z. B. Sehnenverlagerung:

Bei weitergehender Schädigung kann der Operateur die Tibialis-posterior-Sehne ersetzen, zum Beispiel durch die Transplantation einer körpereigenen (autologen) Sehne an den Fußinnenrand. Für den Transfer eignet sich besonders die Sehne des langen Zehenbeugers (Musculus flexor digitorum longus). Dieser Sehnentransfer ersetzt nur teilweise die Funktion der ursprünglichen Tibialis-posterior-Sehne, sodass knöcherne Begleiteingriffe notwendig sind. Die verringerte Zehenbeweglichkeit nehmen unsere Patienten erfahrungsgemäß ohne Probleme in Kauf und empfinden diese als wenig einschränkend. Sie profitieren mit einer verbesserten Stabilität des Fußgewölbes und leiden deutlich weniger unter Schmerzen und Gangveränderungen.

Nachsorge und Reha nach Knick-Senkfuß-Operation

Walker-Schuh bei Knick-Senkfuß Nach der Operation eines Knick-Senkfußes sollte der Patient seinen Fuß für etwa 6 Wochen mithilfe eines speziellen Schuhs entlasten. © sunnychicka, Fotolia

Nach der Operation erfolgt eine elastische Wicklung mit einem sterilen Kompressionsverband. Das Bein sollte dringend hoch gelagert werden. Wir führen immer eine Antibiotikaprophylaxe gegen mögliche Infektionen der Wunde durch. Eine Thromboseprophylaxe mit Heparin benötigt der Patient bis zur Vollbelastung.

Wir empfehlen nach dem Eingriff das Tragen eines speziellen starren Schuhs mit einer Teilbelastung von 20 kg für 6 Wochen. Röntgenkontrollen führen wir am Tag nach der Operation durch. Nach 3 und 6 Wochen kontrollieren wir das Operationsergebnis und die Knochenreaktion. Danach ist der Belastungsaufbau bis zur Vollbelastung geplant. Die Gesamtentlastungsphase kann individuell auch erheblich länger dauern.

Häufig gestellte Fragen zu bewegungserhaltenden Knick-Senkfuß-Operationen an Dr. Thomas Schneider

Welcher Arzt ist für die Operation eines Knick-Senkfußes zuständig?

Operationen am Fuß gehören zum Aufgabenbereich der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie. Idealerweise ist der Arzt in einem Zentrum der Maximalversorgung für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie (ZFSmax) tätig und besitzt die entsprechende Zertifizierung gemäß D.A.F.-Richtlinien für Fußchirurgie, so wie es z. B. in der Gelenk-Klinik der Fall ist.

Wie ist die Prognose bei einer bewegungserhaltenden Knick-Senkfuß-Operation?

In den meisten Fällen werden die Beschwerden deutlich gelindert, also die Schmerzen reduziert und die Funktion verbessert. Häufig gelingt auch eine deutlich gebesserte Stellung über Jahre hinweg. Die gelenkerhaltende Therapie kann damit das Voranschreiten der Erkrankung aufhalten und den sogenannten "progressive collapsing flatfoot" stoppen.

Wie häufig ist nach der bewegungserhaltenden Knick-Senkfuß-Operation doch noch eine Versteifung erforderlich?

Nach eigener Erfahrung kommt es in etwa 3-5 % der Fälle trotz gelenkerhaltenden Therapiemaßnahmen im Verlauf zu einer notwendigen Versteifung. Dies ist auch altersabhängig. Die gelenkerhaltende Therapie funktioniert im Alter über 65 weniger häufig. Allerdings sprechen auch im höheren Alter die schnellere Mobilität und kürzere Nachbehandlung wenn immer möglich für ein bewegungserhaltendes Vorgehen.

Kann ich nach einer bewegungserhaltenden Knick-Senkfuß-Operation wieder Sport treiben?

Die Sportfähigkeit kann prinzipiell bei beiden Methoden erreicht werden. Zu bevorzugen sind natürlich gelenkschonende Sportarten wie z. B. Schwimmen, Wassergymnastik, Rudern, Pilates oder Langlauf. Sportarten mit hohem Impact wie Tennis, Squash oder Fußball sind dagegen nur eingeschränkt sinnvoll. Prinzipiell sollte vor der Aufnahme jeglichen Sports der Fußspezialist dazu befragt werden.

.

Wie lange bin ich nach dem Eingriff arbeitsunfähig?

In der Entlastungsphase dürfen Sie nicht Autofahren. Eine sitzende Tätigkeit ist nach gesicherter Wundheilung wieder möglich. Längeres Stehen und Gehen im Beruf können Patienten in der Regel nach vollständiger Ausheilung des Knochens nach acht Wochen wieder aufnehmen.

Welche Risiken hat ein operativer Eingriff zur Behandlung des Knick-Senkfußes?

Bei guter Vorbereitung und exzellenter Operationstechnik kommt es selten zu Komplikationen. Wie bei allen operativen Eingriffen sind aber auch bei Knick-Senkfuß-Operationen Infektionen an der Operationsstelle, Wundheilungsstörungen, Nachbluten oder Thrombose möglich. Wurden bei der OP Nerven beschädigt, resultieren manchmal vorübergehende Kribbel- oder Taubheitsgefühle.

Warum kann ich meinen Knick-Senkfuß nicht einfach mit passenden Einlagen behandeln?

Der erworbene Knick-Senkfuß ist eine fortschreitende Erkrankung, bei der durch die dauernde Fehlbelastung Knochen, Gelenke, Bänder und Sehnen stark geschädigt werden können. Mit Einlagen lässt sich dieser komplexe Prozess in der Regel nicht aufhalten. Deshalb ist es wichtig, dass die Füße regelmäßig von einem Fußspezialisten kontrolliert werden. Nur so erkennt man, ob ein operativer Eingriff nötig ist und verpasst nicht den Zeitpunkt, diesen bewegungserhaltend vornehmen zu können.

Literaturangaben
  • Cass, A. D. & Camasta, C. A. (2010). A review of tarsal coalition and pes planovalgus: clinical examination, diagnostic imaging, and surgical planning. The Journal of foot and ankle surgery: official publication of the American College of Foot and Ankle Surgeons, 49, 274–93.
  • Evans, A. M. & Rome, K. (2011). A review of the evidence for non-surgical interventions for flexible pediatric flat feet. European journal of physical and rehabilitation medicine.
  • Kumar, S. J., Guille, J. T., Lee, M. S. & Couto, J. C. (1992). Osseous and non-osseous coalition of the middle facet of the talocalcaneal joint. The Journal of bone and joint surgery. American volume, 74, 529–35.
  • Lysack, J. T. & Fenton, P. V. (2004). Variations in calcaneonavicular morphology demonstrated with radiography. Radiology, 230, 493–7.
  • Nalaboff, K. M. & Schweitzer, M. E. (2008). MRI of tarsal coalition: frequency, distribution, and innovative signs. Bulletin of the NYU hospital for joint diseases, 66, 14–21.
  • Niethard, F. U., Pfeil, J. & Biberthaler, P. (2009). Orthopädie und Unfallchirurgie. Stuttgart: Thieme.
  • Sullivan, J. A. (1999). Pediatric flatfoot: evaluation and management. The Journal of the American Academy of Orthopaedic Surgeons, 7, 44–53.
  • Sullivan, R. J. (2010). The pediatric foot and ankle. Foot and ankle clinics, 15, ix.
  • Wülker, N. (2005). Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Stuttgart: Thieme.
  • Yagerman, S. E., Yeagerman, S. E., Cross, M. B., Positano, R. & Doyle, S. M. (2011). Evaluation and treatment of symptomatic pes planus. Current opinion in pediatrics, 23, 60–7.