Bei Knieschmerzen vorne im Kniegelenk ist die Ursache häufig im Bereich der Kniescheibe (Patella) oder der vor dem Knie verlaufenden Sehnen und Bänder zu finden. Oftmals ist eine Überlastung der Grund für die Beschwerden. Man spricht bei vorderen Knieschmerzen auch vom femoropatellaren Schmerzsyndrom. Folgende Krankheitsbilder können Knieschmerzen vorne auslösen:
- Fehlform der Kniescheibe: Patelladysplasie
- Knorpelverschleiß hinter der Kniescheibe: retropatellare Arthrose
- Springerknie: Patellaspitzensyndrom
- Läuferknie: Reizung des iliotibialen Bandes
- Schleimbeutelentzündungen an der Kniescheibe
- Bruch der Kniescheibe: Patellafraktur
- Ausrenkung der Kniescheibe: Patellaluxation
- Einklemmung der Gelenkhaut: Plica-Syndrom
- Morbus Osgood-Schlatter bei Jugendlichen
- Patellasehnenriss
Fehlform der Kniescheibe: Patelladysplasie
Die Kniescheibe (Patella) und der Oberschenkel (Femur) sind gelenkig miteinander verbunden. Das Patellofemoralgelenk ist mit Gelenkknorpel ausgekleidet. Zwischen den walzenförmigen Enden des Oberschenkelknochens (Femurkondylen) an der Vorderseite liegt die patellare Gleitrinne, deren Form genau zur Rückseite der Patella passen sollte.
Wenn die Patella nicht passend für die patellare Gleitrinne geformt ist, spricht man von einer Patelladysplasie. Oft ist eine Patelladysplasie angeboren oder durch Unfälle mit Beteiligung des Kniegelenks verursacht.
Kommt es durch eine Fehlbelastung zu einem einseitigen Abrieb der Knorpelfläche hinter der Kniescheibe, entstehen Knieschmerzen vorne hinter der Patella. Eine Kniescheibenarthrose (Retropatellararthrose) ist eine häufige Spätfolge einer Patelladysplasie.
Eine nicht passende Patella führt bei Bewegung zu Knirschgeräuschen (Krepitationen) hinter der Kniescheibe. Knieschmerzen durch eine Patelladysplasie treten anfangs nur unter Belastung - zum Beispiel beim Treppensteigen -, später auch in Ruhe auf. Ein charakteristisches Zeichen für eine Patelladysplasie sind Blutergüsse (Hämatome) über der Kniescheibe.
Behandlung: Was tun bei Patelladysplasie?
Eine Patelladysplasie kann nicht kausal behandelt werden. Das bedeutet, dass der Orthopäde nur die Symptome, aber nicht die Ursachen der Formabweichung therapieren kann.
- Physiotherapie zur Kräftigung der Bänder und Muskeln im Bereich der Kniescheibe
- begleitend schmerzlindernde Medikamente
Knorpelverschleiß hinter der Kniescheibe: retropatellare Arthrose
Sind ein Knorpelschaden oder ein vermehrter Knorpelabrieb zwischen Kniescheibe und der dafür vorgesehenen Gleitrinne im Oberschenkelknochen (Trochlea femoris) für die Knieschmerzen vorne verantwortlich, spricht man auch von einer Retropatellararthrose, also einem Gelenkverschleiß hinter der Kniescheibe. Beim Hinknien, Treppensteigen und beim Bergablaufen schmerzt der Bereich hinter der Kniescheibe besonders. Auslöser für eine retropatellare Arthrose können beispielsweise eine Patelladysplasie oder mehrfaches Ausrenken der Patella (Patellaluxation) sein.
In speziellen Röntgenbildern, die die Lage der Kniescheibe zeigen (Defilee-Aufnahmen), kann der Kniespezialist die Situation der Kniescheibe im vorderen Bereich gut beurteilen und seine Behandlung einleiten.
Behandlung: Was tun bei retropatellarer Arthrose?
Die Behandlung durch den Orthopäden richtet sich nach dem Ausmaß und der Schmerzbelastung durch den bestehenden Knorpelverschleiß.
- arthroskopischer Eingriff (Gelenkspiegelung), um die Knorpelfläche zu glätten und gelöstes Material abzutragen
- physiotherapeutische Übungen zur Festigung des Bandapparates
- operative Verlängerung des seitlichen Haltebandes der Kniescheibe (laterale Retinakulumverlängerung), um das Fortschreiten der Retropatellararthrose zu verlangsamen
- bei schwerer Arthrose: Knieteilprothese des Patellagleitlagers
Springerknie: Patellaspitzensyndrom
Das Patellaspitzensyndrom ist eine schmerzhafte Reizung des Ansatzes der Patellasehne (Enthesiopathie). Es entsteht aufgrund von Überlastung durch häufiges Springen. Betroffene verspüren die Knieschmerzen vorne unten im Kniegelenk und zunächst nur unter Belastung. Ignoriert man die Knieschmerzen, verschlimmern sich die Beschwerden und treten vermehrt auch in Ruhe auf.
Behandlung: Was tun beim Patellaspitzensyndrom?
- Ruhigstellung, Sportpause
- Kühlen und Hochlagern
- begleitend schmerzlindernde, entzündungshemmende Medikamente aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR)
Läuferknie: Reizung des iliotibialen Bandes
Eine weitere Ursache für vordere Knieschmerzen ist das Läuferknie, auch iliotibiales Bandsyndrom (ITBS) genannt. Es verursacht belastungsabhängige Schmerzen vorne-außen am Knie, wo das iliotibiale Band über einen Knochenhöcker verläuft. Neben dem Band selbst kann sich auch ein nahe gelegener Schleimbeutel entzünden (Kniebursitis). Vor allem beim Bergablaufen oder wenn Betroffene Treppen nach unten steigen, schmerzt das Läuferknie. Ist das Kniegelenk schmerzhaft geschwollen und überwärmt, darf auf keinen Fall unter Schmerzmitteln weitertrainiert werden!
Behandlung: Was tun beim Läuferknie?
- Ruhigstellung, Sportpause
- Entlasten und Kühlen
- nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac, die direkt am schmerzenden Knie als Salben aufgetragen werden können
- jede Art Training oder Wettkampf vermeiden
Schleimbeutelentzündungen an der Kniescheibe
Eine Schleimbeutelentzündung (Bursitis) im Knie an der Patellasehne ist ein sehr häufiger Grund für Knieschmerzen vorne. Vor allem beim Beugen des Kniegelenks oder beim Hinknien führen Schleimbeutelentzündungen zu heftigen, stechenden Schmerzen. Dabei ist der Bereich um die Kniescheibe geschwollen und häufig überwärmt. Oft geht die Schleimbeutelentzündung am Kniegelenk auf eine Überlastung zurück. Eine Fehlstellung des Kniegelenks (X-Beine bzw. O-Beine) kann die Bursitis im Knie noch verstärken, da hier bei Bewegung ein ungleich verteilter Druck auf den Schleimbeuteln lastet.
Behandlung: Was tun bei Bursitis?
- nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
- Entlasten und Kühlen des Knies
- Stoßwellentherapie (ESWT)
- physiotherapeutische Übungen zur Vorbeugung
Ausrenkung der Kniescheibe: Patellaluxation
Die Kniescheibe ist ein in der Draufsicht dreieckiger Knochen vor dem Kniegelenk. Sie wird von der Patellasehne am Unterschenkel und vom Oberschenkelmuskel (Quadriceps femoris) in ihrer Position gehalten. Dabei bewegt sie sich in einer Gleitrinne, die vom Oberschenkelknochen gebildet wird.
Bei einer Patellaluxation springt die Kniescheibe durch Krafteinwirkung von außen, z. B. bei einem Sportunfall, aus ihrer Position heraus. Betroffene leiden unter starken Knieschmerzen vorne hinter der Kniescheibe und können ihr Bein nicht mehr beugen und strecken. Risikofaktoren für eine Ausrenkung sind beispielsweise anatomische Fehlbildungen der Kniescheibe (Patelladysplasie) oder eine ausgeprägte Schwäche der Oberschenkelmuskulatur und des Bindegewebes.
Behandlung: Was tun bei Patellaluxation?
Bei einer akuten Ausrenkung wird folgendes Vorgehen empfohlen:
- Hochlagern und Kühlen des Beines
- möglichst sofortige Entfernung enger Kleidung (das verletzungsbedingte Anschwellen des Knies erschwert das Ausziehen zu einem späteren Zeitpunkt)
Parallel dazu sollte man unverzüglich einen Arzt rufen oder sich in eine Klinik bringen lassen. Eine luxierte Kniescheibe muss so schnell wie möglich von einem Fachmann wieder eingerenkt (reponiert) werden, um Schäden an Sehnen und Bändern im Kniegelenk zu vermeiden. Der Orthopäde führt das Bein dafür vorsichtig in die Streckung und bringt die Kniescheibe zurück in ihre natürliche Position.
Wenn das Knie später wieder belastungsstabil ist, empfiehlt der Arzt häufig Physiotherapie zur Stabilisierung der Kniescheibe. Durch Kräftigung der Beinmuskulatur lässt sich einer erneuten Ausrenkung oft vorbeugen.
Bei wiederholter Patellaluxation - z.B. durch anatomische Fehlbildung der Kniescheibe oder Überdehnung der Bänder - kann auch eine operative Stabilisierung der Patella erforderlich werden. Dafür gibt es mehrere Verfahren:
- Versatz der Kniescheibensehne (Operation nach Blauth),
- Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Bandes (MPFL-Plastik),
- Rekonstruktion eines Innenbandes,
- Korrektur der Beinachse (Umstellungsosteotomie).
Einklemmung der Gelenkhaut: Plica-Syndrom
Beim Plica-Syndrom klemmt sich eine Falte der Innenhaut des Kniegelenks (Plica mediopatellaris) zwischen Oberschenkelknochen (Femur) und Kniescheibe ein und verursacht vordere Knieschmerzen. Betroffene spüren dabei manchmal eine schnappende Bewegung im Knie. Bei starker Belastung und häufiger Kniebewegung kann ein chronisches Plica-Syndrom Knorpelschäden und Arthrose auslösen.
Behandlung: Was tun beim Plica-Syndrom?
- Schonung und Entlastung des Knies
- Kälteanwendungen
- entzündungshemmende, schmerzstillende Medikamente
- minimalinvasive Gelenkspiegelung (Kniearthroskopie) zur Resektion der Plica
Morbus Osgood-Schlatter bei Jugendlichen
Morbus Osgood-Schlatter ist eine Reizung der knöchernen Ansatzstelle der Patellasehne (Apophyse), die bei sportlich aktiven Jugendlichen und Kindern auftritt. Mechanische Überlastung während der Wachstumsphase behindert die noch knorpelige Apophyse bei der Verknöcherung. Es treten starke Knieschmerzen vorne unter der Kniescheibe auf und das Knie schwillt an. Hält die Überlastung an, kann die Apophyse sich sogar ablösen und absterben. Dadurch entsteht bei den Betroffenen eine nicht durch Keime ausgelöste (aseptische) Knochennekrose (Osteonekrose).
Behandlung: Was tun bei Morbus Osgood-Schlatter?
Die Heilungsprognose bei Morbus Osgood-Schlatter ist sehr gut, das heißt, fast alle Patienten können durch eine frühzeitige konservative Therapie vollständig geheilt werden.
- konsequente Sportpause
- Kühlung
- Schmerztherapie und entzündungshemmende Präparate